Nachfolgend ein Beitrag vom 5.7.2017 von
A. Einleitung
Am 01.06.2017 hat der Deutsche Bundestag das Betriebsrentenstärkungsgesetz in zweiter und dritter Lesung verabschiedet. Es wird nach der Behandlung durch den Bundesrat, in der keine Änderungen mehr zu erwarten ist, am 01.01.2018 in Kraft treten. Neben dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG = Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung) werden fünfzehn weitere Gesetze und Verordnungen geändert werden. Grundlage des Gesetzesbeschlusses ist der in der 84-seitigen BT-Drs. 18/11286 vom 22.02.2017 veröffentlichte und begründete Gesetzentwurf sowie ein in die abschließenden Beratungen eingebrachter, umfangreicher Änderungsantrag der Regierungsfraktionen. Er war aus der durch intensive Kommunikation mit den Interessenverbänden geprägten Ausschussarbeit hervorgegangen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hatte ihn durch eine begründete Formulierungshilfe unterstützt. Weitere Informationen über Motive, Hintergründe und Probleme des Gesetzes finden sich in der Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Antwort der Bundesregierung hierauf vom 24.04.2017 (BT-Drs 18/12044).
B. Die zentralen Ziele und Instrumente des Gesetzes
Der Gesetzgeber geht von einer bei weitem nicht ausreichenden Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung besonders in kleineren Unternehmen und zugunsten von Beschäftigten mit niedrigem Einkommen aus. Dass die Lage hier und allgemein grundlegend verbessert werden muss, steht angesichts der Situation in der gesetzlichen Rentenversicherung außer Frage. Das dort grundlegende Modell einer Finanzierung im Umlageverfahren auf der Basis eines Generationenvertrages funktioniert insgesamt nicht mehr im ursprünglich vorgestellten Umfang aufgrund der wesentlichen, auch noch weiter fortschreitenden Verschiebung des Verhältnisses der Zahl der Versorgenden zur Zahl der zu Versorgenden. Die in einem reichen Sozialstaat gebotene angemessene Versorgung im Alter ist auf dieser Grundlage allein nicht mehr sicherzustellen. Es ist deshalb auch nur konsequent, dass der Gesetzgeber im Recht der betrieblichen Altersversorgung als dem die gesetzliche Versorgung im Alter ergänzenden System – kollektiv – kapitalgedeckte Formen der Zusatzversorgung ausbaut und gezielt fördert. Bei ihnen soll bereits während der Lebensarbeitszeit der zu Versorgenden das erforderliche Versorgungskapital aufgebracht werden.
Dabei setzt der Gesetzgeber seinen schon in anderen Zusammenhängen begangenen Weg nun auch im Recht der betrieblichen Altersversorgung fort: Die Rolle der Sozialpartner als „Auftragnehmer“ bei der Ausgestaltung des Arbeitslebens wird deutlich verstärkt. Im sog. Sozialpartnermodell erhalten sie grundlegend erweiterte Möglichkeiten, durch Tarifverträge betriebliche Versorgungssysteme zu gestalten. Sie sollen flexibler als bisher auf die Bedürfnisse der Unternehmen und Beschäftigten zugeschnitten sein. Hierzu gehört es insbesondere, dass durch Tarifvertrag oder auf der Grundlage tarifvertraglicher Regelungen reine Beitragszusagen und rechtssichere Options- bzw. Opting-out-Systeme eingeführt und auf die Bildung des Versorgungskapitals und die Durchführung der Versorgung im Einzelnen Einfluss genommen werden kann. Die Versorgungslage der Geringverdiener soll durch ein gezieltes steuerliches Fördermodell sowie dadurch verbessert werden, dass die Aufstockungsbeträge zur gesetzlichen Rente bis zu einem bestimmten Betrag anrechnungsfrei bleiben, wenn Rentner auch eine Betriebs- oder Riesterrente beziehen.
Was geschehen könnte, wenn dieser Versuch einer Stärkung der betrieblichen Altersversorgung scheitern sollte, wird in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes offen angesprochen. Die als erforderlich angesehene weitere Verbreitung der – zu ergänzen ist wohl: kollektiv kapitalgedeckten – betrieblichen Altersversorgung wäre dann notfalls auch mit einem gesetzlich obligatorischen Betriebsrentensystem oder auch damit zu erreichen, dass ein alle Arbeitgeber verpflichtendes gesetzliches Options- bzw. Opting-out-System eingeführt würde. Bevor ein solches System mit hoher Eingriffsintensität für Arbeitgeber und Beschäftigte gewählt werde, setze man aber zunächst auf einen weiteren Ausbau der freiwilligen betrieblichen Altersversorgung.
C. Überblick über die wichtigsten Neuregelungen im Betriebsrentengesetz
I. Das Sozialpartnermodell
1. Die reine Beitragszusage
Spätestens im Zusammenhang mit der Niedrigzinsphase, die es den externen Trägern der betrieblichen Altersversorgung unter den bestehenden strengen Regeln für eine „sichere“ Kapitalanlage zumindest sehr schwer macht, die Renditen zu erwirtschaften, die Grundlage der vom Arbeitgeber an seine Beschäftigten gegebenen Versorgungsversprechen waren, geriet eine Bestimmung beispielgebend als Hindernis für eine weitere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung in den Blick: § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG: Der Arbeitgeber muss auch dann, wenn er sich zur Erfüllung seines Versorgungsversprechens einer externen Einrichtung bedient, dafür eintreten, dass das Versorgungsversprechen erfüllt wird. Probleme, die auf dem Durchführungsweg eintreten, werden so zu seinen Problemen. Das war lange Zeit zumindest gut verständlich und konsequent, berücksichtigt man, dass das Betriebsrentengesetz Arbeitgeberzusagen regelt, die auf eine arbeitgeberseitige Versorgung der Arbeitnehmer in den gesetzlichen Versorgungsfällen gerichtet sind. Zweifelhaft wurde diese allgemeine Herleitung aber mit der Einführung der Entgeltumwandlung, also einer arbeitnehmerfinanzierten Altersversorgung, die lediglich betrieblich organisiert wurde. Gleichwohl ist es bis heute für alle Durchführungswege unabhängig von deren Finanzierung so, dass die Pflichten des Arbeitgebers nicht vor der Erfüllung der von ihm versprochenen Versorgung enden. Jede Versorgungszusage stellt so für den Arbeitgeber einen auf eine ungewisse Zukunft gezogenen Wechsel dar. Sie wirkt sich in seiner bilanziellen Selbstdarstellung wegen der deshalb gebotenen Rückstellungen nachteilig aus.
Dabei bleibt es auch grundsätzlich für die bisher und weiterhin gesetzlich geregelten Formen der betrieblichen Altersversorgung. Ab dem 01.01.2018 tritt jedoch eine hiervon grundlegend abweichende Möglichkeit hinzu: Nach dem 1. Halbsatz des § 1 Abs. 2a BetrAVG n.F. wird betriebliche Altersversorgung auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages nur verpflichtet ist, Beiträge zur Finanzierung von Versorgungsleistungen an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen. Diese neue Form der betrieblichen Altersversorgung kann auch arbeitnehmerfinanziert, über eine Entgeltumwandlung (§ 1a BetrAVG), durchgeführt werden.
Welche Neuerung diese neue Form der betrieblichen Altersversorgung darstellt, wird im 2. Halbsatz des es § 1 Abs. 2a BetrAVG n.F. deutlich: Auf sie finden weder die Vorschriften über die Subsidiärhaftung des Arbeitgebers in den §§ 1 Abs. 1 Satz 3 und 1a Abs. 4 Satz 2, noch die Bestimmungen zu Verfall und Unverfallbarkeit, zum Auszehrungsverbot, zur Altersgrenze (§ 1b bis 6), zur Anpassungsprüfungspflicht aus § 16 BetrAVG oder zur Insolvenzsicherungspflicht Anwendung. Mit anderen Worten: der Arbeitgeber hat hier mit der Leistung von Beiträgen, die dem Aufbau von Versorgungskapital dienen und insoweit dem Arbeitnehmer vom ersten Tag an zugutekommen, ohne dass es auf Verfallfristen ankäme, seine Versorgungsverpflichtungen erfüllt. Da die Dauer der Leistungspflicht vom Bestand des betreffenden Arbeitsverhältnisses abhängen wird, sind für den Arbeitgeber keine relevanten Unsicherheiten mehr verblieben. Das Anlagerisiko wechselt zum zu versorgenden Arbeitnehmer, dessen Ansprüche sich ausschließlich gegen die jeweils eingeschaltete Versorgungseinrichtung richten.
2. Notwendige und notwendig prägende Mitwirkung von Tarifvertragsparteien
Bei einem Modell, das um der weiteren Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung willen den Interessen der Arbeitgeber derart weit entgegenkommt, liegt es nahe, die Interessen der Arbeitnehmer durch deren Partizipation bei seiner Entstehung und Durchführung abzusichern. Deshalb wird es die Möglichkeit einer reinen Beitragszusage nur geben, wenn hierfür eine tarifvertragliche Grundlage vereinbart worden ist. Die Rolle der Tarifverträge und damit der Tarifvertragsparteien, die bislang im Betriebsrentengesetz kaum angesprochen war, wird in einem neuen 7. Abschnitt des Gesetzes in den §§ 19 bis 25 BetrAVG n.F. im Einzelnen ausgestaltet.
a) Unverändert: die unglückliche Tariföffnung
In Unterabschnitt 1 („Tariföffnung, Optionssysteme“) werden zunächst die bisher in § 17 Abs. 3 und Abs. 5 enthaltenen Bestimmungen aufgenommen. Dabei wurde die Chance vertan, die neue Gleichstellung – nur – von tarifgebundenen und tarifanwendenden Arbeitgebern aus dem Entgelttransparenzgesetz zu nutzen. Es bleibt leider bei der Möglichkeit für die nicht Tarifgebundenen, durch Vereinbarung lediglich der einschlägigen tariflichen Regelungen die Verwertung der gesetzlichen Tariföffnungsklauseln durch die Tarifvertragsparteien zu nutzen.
b) Tarifvertraglich zu begründendes, variabel auszugestaltendes Optionssystem
Erhebliche praktische Bedeutung könnte die allein den Tarifvertragsparteien eingeräumte Möglichkeit bekommen, für die Entgeltumwandlung ein Optionssystem einzuführen (§ 20 Abs. 2 BetrAVG n.F.). Die Tarifvertragsparteien erhalten die Möglichkeit, selbst durch Tarifvertrag oder dort durch eine in Umrissen vorbestimmende Ermächtigung an die Betriebsparteien festzulegen, dass von Arbeitgeberseite eine „automatische“ Entgeltumwandlung eingeführt werden kann oder auch, dass sie einzuführen ist. Dies soll vertragsförmig in der Weise geschehen, dass der Arbeitgeber in bestimmter Weise ein Angebot auf Entgeltumwandlung abgibt, das vom Arbeitnehmer angenommen wird, wenn er ihm nicht widerspricht.
Die Wirkung der Angebotsannahme durch Schweigen tritt ein, wenn das Angebot zumindest – nähere Maßgaben und Erklärungen können die Tarifvertragsparteien vorgeben – in Textform erfolgt und mindestens drei Monate, bevor die Umwandlung der Entgeltbestandteile einsetzen soll, zugegangen ist. Darüber hinaus muss deutlich darauf hingewiesen werden, welcher Betrag und welcher Vergütungsbestandteil umgewandelt werden soll. Hier dürfte es im Interesse einer weiten Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung sehr sinnvoll sein, wenn die Tarifvertragsparteien den Arbeitgebern die Angebotsvariante eröffnen, hinsichtlich der Höhe des umzuwandelnden Entgeltes den vorrangig vorgeschlagenen Betrag durch das Ankreuzen von Alternativbeträgen „abwählen“ zu lassen. Schließlich muss das Umwandlungsangebot den eindeutigen Hinweis darauf enthalten, dass der Arbeitnehmer ohne Angabe von Gründen innerhalb einer Frist von mindestens einem Monat nach Zugang des Angebotes diesem widersprechen kann und dass dann eine wegen Zeitablaufs etwa bereits aufgenommene Entgeltumwandlung mit einer Frist von höchstens einem Monat beendet wird. Daraus ergibt sich zugleich, dass Arbeitnehmer eine einmal mit ihrer – schweigenden – Zustimmung aufgenommene Entgeltumwandlung auch jederzeit wieder beenden können. Nach § 30j BetrAVG n.F. ist § 20 Abs. 2 BetrAVG n.F. allerdings für auf der Grundlage von Betriebs- oder Dienstvereinbarungen vor dem 02.06.2017 eingeführte Optionssysteme nicht maßgebend.
Nach dem in § 20 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG n.F. niedergelegten Willen des Gesetzgebers dürfen auch nicht organisierte Arbeitgeber Optionssysteme praktizieren, wenn sie in einschlägigen Tarifverträgen vorgesehen sind, also solchen, die anwendbar wären, wenn der betreffende Arbeitgeber tarifgebunden wäre. Ist dort die Möglichkeit von Optionssystemen aufgrund von Betriebs- oder Dienstvereinbarung eröffnet, können die Außenseiter-Arbeitgeber auch diesen Weg gehen.
c) Bundesweite und branchenübergreifende Tarifverträge?
In der Formulierungshilfe für den am 01.06.2017 angenommenen Änderungsantrag finden sich in diesem Zusammenhang bemerkenswerte Ausführungen: „Einschlägig im Sinne von Satz 3 wäre auch ein Tarifvertrag über ein Optionssystem, der zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften oder zwischen Zusammenschlüssen von Arbeitgeberverbänden bzw. Gewerkschaften mit dem Ziel einer bundesweiten und branchenübergreifenden Inbezugnahmemöglichkeit abgeschlossen würde. Auf diesem Weg könnte sichergestellt werden, dass möglichst vielen nichttarifgebundenen Arbeitgebern die Möglichkeit eröffnet würde, zum Vorteil ihrer Beschäftigten ein sachgerechtes, effizientes und kostengünstiges Optionssystem einzuführen.“ Man darf gespannt sein, ob es für einen solchen Weg hierzu bereite und berechtigte Tarifvertragsparteien geben wird. Bislang besteht eine solche Möglichkeit nur in der Form, dass sich alle Branchengewerkschaften und Arbeitgeberverbände jeweils zu Tarifgemeinschaften zusammenschließen. Die gewerkschaftlichen Erfahrungen aus dem Bereich der Arbeitnehmerüberlassung sollten dies nicht gerade nahelegen. Sehr viel besser wäre es, die Spitzenverbände würden für diesen besonderen Fall punktuell ihre bisherige, sicher auch im Hinblick auf die Mitgliedsorganisationen bestehende Tarifunwilligkeit aufgeben oder von den Einzelorganisationen zu einer für eine derartige umfassend geltende tarifvertraglichen Regelung ermächtigt werden.
d) Mitverantwortung der Tarifvertragsparteien für den neuen Durchführungsweg
Unterabschnitt 2 befasst sich mit dem in § 1 Abs. 2a BetrAVG n.F. vorbereiteten, durch Inbezugnahme auch für Außenseiter verwertbaren (§ 24 BetrAVG n.F.) Thema „Tarifvertrag und reine Beitragszusage“. Nach § 1 Abs. 2a BetrAVG n.F. ist es nicht nur allein Sache der Tarifvertragsparteien, die Möglichkeit einer reinen Beitragszusage zu eröffnen. Ihnen wird auch in § 21 Abs. 1 BetrAVG n.F. die Aufgabe zugewiesen, sich gegebenenfalls an der Durchführung und Steuerung dieser Form der betrieblichen Altersversorgung zu beteiligen. Der Gesetzgeber stellt es den Tarifvertragsparteien grundsätzlich frei, in welcher Form sie an deren Implementierung und Durchführung teilnehmen. Er denkt etwa an deren eigene Teilnahme über Gemeinsame Einrichtungen, aber auch durch Vertretung in Aufsichtsgremien der Versorgungseinrichtungen. Denkbar wäre auch eine Beauftragung Dritter zur Erfüllung ihrer Beteiligungspflicht. Angesichts der hier anstehenden Schwierigkeit und der überschaubaren personellen Ressourcen der Tarifvertragsparteien in einigen der in Frage kommenden Branchen könnte man etwa daran denken, dass die Spitzenverbände durch schuldrechtlichen Vertrag eine Überwachungs- und Beratungseinheit schaffen, die in den Branchentarifverträgen, mit denen reine Beitragssysteme installiert werden, mit der Erfüllung der gesetzlich übertragenen Aufgaben betraut wird. In jedem Falle wird interessant sein zu beobachten, wie die tarifautonom wahrzunehmenden Aufgaben mit denen sinnvoll koordiniert werden, die in Art. 6 und 8 des Betriebsrentenstärkungsgesetzes der hoheitlichen Versicherungs- und Pensionsfonds-Aufsicht durch neue eigenständige Regelungen zur Durchführung reiner Beitragszusagen zugewiesen werden. Außerdem erhalten auch noch die zuständigen Ministerien zur Sicherung der Arbeitnehmerinteressen im Gesetz die Ermächtigung, durch Rechtsverordnung Mindestanforderungen an die Verwendung der Beiträge festzulegen.
e) Rücksichtnahme auf bereits bestehende Durchführungswege und Außenseiter
Mit den Abs. 2 und 3 des § 21 BetrAVG n.F. sind im Zuge der Ausschussberatungen zwei den ursprünglichen Entwurf ergänzende Bestimmungen eingefügt worden: Wenn die Tarifvertragsparteien Beiträge für eine reine Beitragszusagen vereinbaren, sollen sie stets prüfen, ob diese Gelder durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung, hilfsweise durch Individualvereinbarung, auch in ein bereits bestehendes betriebliches Versorgungssystem eingebracht werden können (§ 21 Abs. 2 BetrAVG n.F.). Der Gesetzgeber will so eine Gefährdung gut funktionierender Systeme vermeiden, etwa der Direktversicherung. Außerdem „sollen“ die Tarifvertragsparteien nicht Organisierten den Zugang zur durchführenden Versorgungseinrichtung nicht verwehren. Insbesondere sollen keine sachlich unbegründeten Vorgaben für die Aufnahme und Verwaltung von dort beschäftigten Arbeitnehmern gemacht werden. Damit wird insbesondere das Ziel verfolgt, einen Zugang zu etwa installierten Gemeinsamen Einrichtungen (§ 4 Abs. 2 TVG) sicherzustellen, der für nicht Tarifgebundene nicht ohne weiteres besteht. Der Gesetzgeber hat in den Gesetzesmotiven allerdings ausdrücklich klargestellt, dass etwaige Verstöße gegen die genannten Soll-Vorschriften folgenlos bleiben sollen. Außenseiter können eine angemessene Teilnahme deshalb auch nicht erzwingen. Derartige Probleme werden von vornherein vermieden, wenn und soweit die betreffenden Tarifverträge nach § 5 Abs. 1a Nr. 2 TVG für allgemeinverbindlich erklärt werden.
f) Gesetzliche Vorgaben für die reine Beitragszusage
§ 22 BetrAVG n.F. gibt einige wenige zwingende Vorgaben für die ansonsten von den Tarifvertragsparteien auszugestaltende betriebliche Altersversorgung durch reine Beitragszusage: Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung sind Schuldner der auf der Grundlage des planmäßig zuzurechnenden Versorgungskapitals zu erbringenden Altersversorgungsleistungen. Dabei darf die Höhe der Leistungen nicht garantiert werden. Diese Abkehr von der bei den anderen Versorgungsformen notwendigen Garantierente hin zur sog. Zielrente, bei der nur das Ob und nicht die genaue Höhe der Versorgung verbindlich festgelegt ist, war ein besonders umstrittener Teil der Reform. Die ganz überwiegende Zahl der Sachverständigen hatte diesen Weg empfohlen, weil man davon ausgeht, aufgrund der relativ teuren Garantie und der hier bestehenden Vorgaben für die Geldanlage seien bei einer bloßen Zielrente die Chancen für ein Erreichen höherer Versorgungsbezüge im Alter erheblich gesteigert. Die entstehenden Risiken könnten demgegenüber angesichts der zahlreichen eingebauten Sicherungen zurücktreten. Für einen von außen kommenden Beobachter könnte es mit dem Ausschluss der Garantierente bei der reinen Beitragszusage auch darum gegangen sein, die Marktmacht der Lebensversicherungsunternehmen zu begrenzen. Sie haben bei der bisherigen Verbreitung von betrieblichen Altersversorgungssystemen nicht immer überzeugt.
Weiter wird festgelegt, dass die auf den Beiträgen beruhende Anwartschaft sofort unverfallbar werden und auch dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer zugutekommen muss. Dabei wird die entstehende Anwartschaft ausdrücklich als eine auf Altersrente bezeichnet. Der Gesetzgeber will damit deutlich machen, dass reine Beitragszusagen nur zu Renten- und nicht zu bloßen Kapitalleistungen führen dürfen. Darüber hinaus wird deutlich, dass nur der Anspruch auf Altersversorgung kraft Gesetzes sofort unverfallbar wird. Wenn die Tarifvertragsparteien die reine Beitragszusage auch auf eine Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung erstrecken, können sie insoweit eine eigenständige Verfallregelung schaffen. Zur Sicherung der Versorgungsfunktion im Alter werden Übertragung, Beleihung, Veräußerung und vorzeitige Verwertung der auf reinen Beitragszusagen beruhenden Anwartschaft ausgeschlossen. Abfindungen durch die Versorgungseinrichtung sind nur in den Grenzen des § 3 BetrAVG möglich.
Dem Arbeitnehmer werden zudem mehrere gesetzliche Rechte gegenüber der eingeschalteten Versorgungseinrichtung eingeräumt: Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann er die Versorgung durch eigene Beiträge fortsetzen oder innerhalb eines Jahres das gebildete Versorgungskapital auf eine neue Einrichtung übertragen lassen, an die Beiträge nach § 1 Abs. 1a BetrAVG n.F. gezahlt werden. Weiter kann er Auskunft nach § 4a BetrAVG verlangen und vorzeitige Altersleistungen nach § 6 BetrAVG in Anspruch nehmen.
g) Mögliche Sicherungsbeiträge des Arbeitgebers
Die Arbeitgeber sollen zum Ausgleich für die Befreiung von der Versorgungsverpflichtung nach § 23 Abs. 1 BetrAVG n.F. durch die Tarifvertragsparteien dazu verpflichtet werden, zur weiteren Minimierung des die Arbeitnehmer bei einer reinen Beitragszusage treffenden Risikos Sicherungsbeiträge zu erbringen. Mit deren Hilfe sollen stärkere Schwankungen bei den Kapitalanlagen abgefedert und deren Durchschlagen auf die Versorgungsleistungen in der Rentenbezugsphase verhindert werden. Die Beiträge, für deren steuerrechtliche Behandlung § 3 Nr. 63a EStG n.F. eine flankierende Regelung trifft, können dazu genutzt werden, Rückdeckungsversicherungen zu finanzieren. Es kann aber auch Kapital aufgebaut werden, aufgrund dessen z.B. bei der Versorgungseinrichtung ein höherer Kapitaldeckungsgrad oder eine konservativere Kapitalanlage realisiert werden kann. Die Nichterfüllung der Sollvorschrift durch die Tarifvertragsparteien hat nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings keine nachteiligen Rechtsfolgen.
h) Notwendige (?) Arbeitgeberzuschüsse bei Beiträgen durch Entgeltumwandlung
Von einigem Interesse ist auch § 23 Abs. 2 BetrAVG n.F., der im Zuge der Ausschussberatungen inhaltlich durch einen neuen § 1a Abs. 1a ergänzt worden ist (dazu sogleich). Nach dieser Bestimmung müssen die Tarifvertragsparteien im Falle einer reinen Beitragszusage durch Entgeltumwandlung festlegen, dass der Arbeitgeber 15% des umgewandelten Entgelts als zusätzlichen Zuschuss an die Versorgungseinrichtung weiterleiten muss, soweit er, wie im Regelfall, durch Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Im ursprünglichen Regierungsentwurf hieß es insoweit noch, der Arbeitgeber habe „mindestens“ 15% weiterzuleiten. Im Zuge der Ausschussberatungen ist das Wort „mindestens“ gestrichen worden, weil es „angesichts der tarifvertraglichen Gestaltungsfreiheit der Sozialpartner nicht erforderlich“ sei. Das verwirrt angesichts des Umstandes, dass es in der Begründung des Änderungsantrages an anderer Stelle heißt, der gesetzlich verpflichtende Arbeitgeberzuschuss bei einer reinen Beitragszusage aus § 23 Abs. 2 BetrAVG n.F. sei nicht tarifdispositiv. Was denn nun? Besteht für die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der 15%-Regelung volle „tarifvertragliche Gestaltungsfreiheit“, sind die 15% gesetzlich beiderseits zwingend festgelegt oder nur einseitig, zugunsten der Arbeitnehmer, tarifvertraglich abdingbar? Es spricht manches dafür, dass der Gesetzgeber letzteres gemeint hat. Die Gesetzgebungsgeschichte könnte allerdings in eine andere Richtung weisen.
3. Ungewissheiten
Zumindest in zwei Punkten kann man vom Sozialpartnermodell ausgehende Unsicherheiten nicht ganz unterdrücken: Die reine Beitragszusage wird, wenn alles so funktioniert, wie es sich der Gesetzgeber vorstellt, zu zusätzlich anzulegendem Kapital in erheblicher Höhe führen. Wer z.B. in Berlin das engagierte Investitionsverhalten skandinavischer Pensionsfonds beobachten kann, ist unsicher, wie sich dies etwa auf dem Immobilienmarkt auswirken wird. Die Fachleute rechnen aber wohl damit, dass eher der Aktien- als der Immobilienmarkt im Fokus der Anleger stehen wird.
Außerdem zweifelt mancher, ob sich die Tarifvertragsparteien nicht bei der Übernahme der Mitverantwortung auslösenden Pflicht übernommen haben, sich an der Durchführung und Steuerung der BetrAV in Form der reinen Beitragszusage zu beteiligen. Andererseits ist aber auch gut möglich, dass eine erfolgreiche Mitwirkung insbesondere der Gewerkschaften bei der Sicherung der Versorgung im Alter, wie wohl nach dem sog. Genter Modell bei der Arbeitslosenversicherung in den skandinavischen Ländern, zu einer wesentlichen Erhöhung von deren Attraktivität (und Mitgliederzahlen) führt.
II. Neuregelungen im Recht der Entgeltumwandlung
Unabhängig von der Mitwirkung der Tarifvertragsparteien werden die Regelungen des Betriebsrentengesetzes zur Entgeltumwandlung in zwei Punkten geändert.
1. Erfüllbarkeit des Umwandlungsanspruchs durch reine Beitragszusage
Ein Arbeitgeber, der von Rechts wegen in der Lage und bereit ist, betriebliche Altersversorgung in der Form der reinen Beitragszusage zu erbringen, kann den Arbeitnehmer, der seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG geltend macht, auch auf diese Form der betrieblichen Altersversorgung verweisen und in diesem Rahmen seine gesetzliche Umwandlungspflicht erfüllen.
2. Tarifdispositiver Arbeitgeberzuschuss bei jeder Entgeltumwandlung
Zu dieser Änderung, die von erheblicher Bedeutung ist, wenn die oben wiedergegebenen Hindernisse für eine weitere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zutreffend analysiert worden sind, ist im Zuge der Ausschussberatungen eine weitere, wohl durch § 23 Abs. 2 BetrAVG n.F. angestoßene Neuregelung gekommen. Die dort geregelte Zuschusspflicht reagierte bereits auf einen allgemein als unangemessen eingeschätzten Zustand, der mit der Einführung der Entgeltumwandlung eingetreten ist. Durch die Umwandlung von Entgeltbestandteilen, in deren Umfang die Sozialversicherungspflicht wegfällt, werden die gesetzlichen Rentenanwartschaften des betreffenden Arbeitnehmers, wenn auch nicht sehr erheblich, verschlechtert. Gleichzeitig wird der Arbeitgeber, weil er insoweit keine Sozialversicherungsbeiträge abführen muss, ohne erkennbaren Grund begünstigt. Viele Arbeitgeber haben dies gesehen und schon in der Vergangenheit die von ihnen eingesparten Sozialversicherungsbeiträge ganz oder teilweise als freiwillige Zuschüsse für die betriebliche Altersversorgung ihrer Arbeitnehmer eingesetzt.
Die Auflage an die Tarifvertragsparteien, die Arbeitgeber hierzu zu verpflichten, hat der Gesetzgeber nun nicht nur mit Wirkung ab dem 01.01.2018 für tarifvertragliche Regelungen über reine Beitragszusagen im Wege der Entgeltumwandlung eingeführt. Auch in sonstigen Fällen der Entgeltumwandlung muss der Arbeitgeber in Zukunft 15% des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an die Versorgungseinrichtungen Pensionsfond, Pensionskasse oder Direktversicherung weiterleiten, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart (§ 1a Abs. 1a BetrAVG n.F.). Die Zuschusspflicht gilt nicht bei Entgeltumwandlungen in Direktzusagen oder Unterstützungskassenversorgungen.
Die gesetzliche Verpflichtung aus § 1a Abs. 1a BetrAVG n.F. unterscheidet sich allerdings in mehreren Punkten von dem, was § 23a Abs. 2 BetrAVG n.F. festlegt: Zum einen ist sie tarifdispositiv; etwaige einschlägige tarifvertragliche Abweichungen können von nicht Tarifgebundenen durch arbeitsvertragliche Bezugnahme genutzt werden (§ 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG n.F.). Zum anderen tritt sie für individual- und kollektivvertragliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die nicht als reine Beitragszusage durchgeführt werden, wenn sie vor dem 01.01.2018 abgeschlossen wurden, erst zum 01.01.2022 in Kraft. Mit anderen Worten: Entgeltumwandlungsvereinbarungen aus der Zeit seit Inkrafttreten der Neuregelungen sind sofort zuschusspflichtig, bei Altvereinbarungen aus der Zeit zuvor stehen vier Jahre zur Verfügung, sich auf die Neuregelung einzustellen. Angesichts des unangemessenen Zustandes, den die Neuregelungen beseitigen wollen, ist zu hoffen, dass diese Zeit nicht durchgängig in Anspruch genommen werden wird.
Eine ergänzende Neuregelung betrifft den Eintritt der Unverfallbarkeit bei auf Entgeltumwandlung beruhenden Anwartschaften: Nach § 1b Abs. 5 BetrAVG n.F. wird nun kraft Gesetzes nicht nur die unmittelbar auf die Entgeltumwandlung zurückgehende Versorgungsanwartschaft sofort unverfallbar, sondern auch diejenige, die auf den Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG n.F. zurückgeht. Der Zuschusswert fließt also unabhängig davon, wann das Arbeitsverhältnis endet, nie an den Arbeitgeber zurück. Der Zuschuss ist damit hier wie auch sonst nicht originäre Arbeitgeberleistung, sondern Teil der Entgeltumwandlung.
3. Steuerliche Begleitregelung zur Entgeltumwandlung
Um die Nutzung der Möglichkeiten zur Entgeltumwandlung weiter voranzutreiben erhöht der Gesetzgeber in § 3 Nr. 63 EStG die Steuerfreiheit hier geleisteter Beiträge auf solche bis zu 8% der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung. An der 4%-Grenze für die Freiheit von Beiträgen zur Sozialversicherung ändert er allerdings nichts.
III. Sonstige Neuerungen im Betriebsrentengesetz
1. Bei der Portabilität
Die Portabilitätsregelungen des § 4 BetrAVG werden in Abs. 3 dahin ergänzt, dass der Arbeitnehmer von seinem ehemaligen Arbeitgeber auch verlangen kann, dass der Übertragungswert auf eine Versorgungseinrichtung des neuen Arbeitgebers nach § 22 BetrAVG n.F. übertragen wird, also eine, die auf der Grundlage einer reinen Beitragszusage betrieben wird. Umgekehrt kann ein Arbeitgeber ein Weiterführungsbegehren seines neuen Arbeitnehmers stets auch allein dadurch erfüllen, dass er das beim Altarbeitgeber erworbene Versorgungskapital in eine derartige Einrichtung einbringt, so dass er keine weitergehenden Verpflichtungen für die Zukunft zu übernehmen hat. Er muss hierzu nur rechtlich und tatsächlich in der Lage sein. Dann hat er lediglich dafür zu sorgen, dass der Übertragungswert bei der von ihm eingeschalteten Versorgungseinrichtung nach § 22 BetrAVG n.F. ankommt und zugunsten des Arbeitnehmers angelegt wird. Weitergehende Pflichten treffen ihn dann nicht.
Durch diese Neuregelungen dürfte sowohl die Portabilität von Versorgungsanwartschaften erleichtert als auch die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung in Form reiner Beitragszusagen gefördert werden. Man könnte darüber hinaus erwägen, ob man nicht der mit einem Wechsel des primären Versorgungsschuldners verbundenen neuen Möglichkeit des § 4 Abs. 3 BetrAVG n.F. eine allgemeine gesetzgeberische Wertung zu entnehmen hat, wonach reine Beitragszusagen den traditionellen Versorgungswegen grundsätzlich gleichwertig sind. Dies könnte sich dahin auswirken, dass die Ablösung eines herkömmlichen Versorgungswerks durch eine reine Beitragszusage grundsätzlich möglich ist, wenn nur die bislang erreichten Besitzstände gewahrt bleiben.
2. Im Insolvenzschutz
Im Insolvenzschutz wird neben einer redaktionellen Neuordnung eine inhaltliche Ergänzung vorgenommen: Aus § 8 BetrAVG wird die in dessen bisherigem Abs. 3 enthaltene Abfindungsmöglichkeit herausgelöst und als § 8a BetrAVG n.F. verselbstständigt. Der nun nur noch die „Übertragung der Leistungspflicht“ betreffende § 8 BetrAVG n.F. wird um einen neuen Abs. 3 ergänzt. Hiernach kann der Berechtigte in Zukunft, statt Leistungen vom Träger der Insolvenzsicherung in Anspruch zu nehmen, auch verlangen, dass eine auf sein Leben abgeschlossene Rückdeckungsversicherung auf ihn übertragen wird. Er soll so in die Lage versetzt werden, die Versicherung mit eigenen Beiträgen, gegebenenfalls unter Wahrung einer Anwartschaft auf Invaliditäts- und/oder Hinterbliebenenversorgung, fortzuführen. Diese Wahlmöglichkeit besteht allerdings nur dann, wenn die Versorgungszusage auf die Leistungen der Rückdeckungsversicherung verweist, die Übertragung auf den Berechtigten nicht den insolvenzrechtlichen Verteilungsregeln widerspricht und keine Anwartschaftsübertragung nach § 8 Abs. 2 BetrAVG n.F. (bisher: Abs. 1a) erfolgt.
3. Für die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst
Im Zuge der Ausschussberatungen ist es außerdem zu einer umfassenden Neugestaltung der Sonderregelungen für den öffentlichen Dienst in § 18 BetrAVG gekommen. Das Gesetz hatte bisher auf die bereits im Jahre 2002 bei der Zusatzversorgung für den öffentlichen Dienst erfolgte Systemumstellung von einem Gesamtversorgungssystem zu einem Punktemodell noch nicht hinreichend reagiert. Dies ist nunmehr mit Wirkung zum 01.01.2018 geschehen.
4. Rechtsprechungskorrektur bei der Anpassungsprüfung
Schließlich hat der Gesetzgeber auf starken Druck aus den Interessenverbänden reagiert und einem Urteil des BAG vom 13.12.2016 (3 AZR 342/15 m. Anm. Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 14/2017 Anm. 6) für die Zukunft die Grundlage entzogen. Es ging um die sehr spezielle Frage, von welchem Zeitpunkt an die Verpflichtung zur Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG für betriebliche Altersversorgung über Direktversicherungen und Pensionskassen bei Erfüllung – nur – der Voraussetzungen des am 01.01.2016 mit diesem Inhalt in Kraft getretenen § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG entfällt. Anders als vom BAG angenommen bestimmt das Gesetz nun in § 30c Abs. 1a BetrAVG n.F., dass diese Bestimmung auch für Anpassungszeiträume gilt, die vor dem 01.01.2016 liegen. Es bleibt bei der vom BAG erkannten Rechtslage nur dann, wenn in diesem Zeitraum bereits Anpassungen erfolgt sind oder hierauf Klage erhoben worden ist. Langohr-Plato hat in seiner Urteilsanmerkung (jurisPR-ArbR 14/2017 Anm. 6) die maßgebliche Rechtsfrage nachvollziehbar, aber stark minimierend darauf konzentriert, ob es darauf ankomme, was der Gesetzgeber – höchstwahrscheinlich – schon immer gewollt habe, oder darauf, was er unglücklich formuliert habe. Aus richterlicher Sicht möchte man sich wünschen, dass der Gesetzgeber das regelt, was er regeln will, und es nicht den Gerichten überlässt, seinem latent gebliebenen Willen an Stelle von – vermeintlich – unglücklich Formuliertem nachzuspüren.
D. Die Förderung der betrieblichen Altersversorgung für Geringverdiener
Die Neuregelungen im Betriebsrentengesetz werden sicherlich einiges für die weitere Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung und deren Verbesserung der Höhe nach beitragen können. Sie werden wohl auch in den Bereich der kleinen und mittleren Betriebe hineinwirken. Eine gezielte Förderung für Geringverdiener findet sich hier allerdings nicht, kann dies wohl auch nicht. Sie findet im Sozialversicherungs- und Steuerrecht statt. Aus der Vielzahl der sehr unterschiedlichen Regelungen seien nur einige wichtige Grundentscheidungen herausgegriffen:
In einem neuen § 100 EStG wird ein Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung eingeführt. Er soll den Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung zugunsten von Arbeitnehmern mit geringem Einkommen fördern. Zum hierdurch letztlich begünstigten Personenkreis gehören Arbeitnehmer, deren laufender Arbeitslohn (u.a.) nicht mehr als 2.200 Euro im Monat beträgt. Leistet der Arbeitgeber – selbst, also nicht etwa auf der Grundlage einer Entgeltumwandlung! – zugunsten eines derartigen Arbeitnehmers zusätzliche Arbeitgeberbeiträge von mindestens 240 Euro im Jahre an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung, kann er 30% hiervon, höchstens 144 Euro, über eine Verrechnung mit der von ihm einzubehaltenden und abzuführenden Lohnsteuer in Anspruch nehmen. Mit der Höchstgrenze des Förderbetrags von 144 Euro, das sind 30% von 480 Euro, ist zugleich die Höchstgrenze des nach § 100 Abs. 1 EStG geförderten und nach § 100 Abs. 5 EStG steuerfreien Arbeitgeberbeitrags benannt.
Ein schwerwiegendes Hindernis für eine weitere Verbreitung von Versorgungssystemen unter Geringverdienern wird in Abs. 4 des neu gefassten § 82 SGB XII zumindest zu einem großen Teil beseitigt: Erhält ein Rentner, der im Arbeitsleben nur relativ geringfügige Arbeitsverdienste erzielt hatte, nur eine dementsprechend niedrige Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, steht ihm gegebenenfalls ein Aufstockungsbetrag aus der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu. Dieser Aufstockungsbetrag vermindert sich bisher um die von einem solchen Rentner möglicherweise zusätzlich erworbene Riester- oder Betriebsrente. Für ihn ergibt es deshalb bislang wenig Sinn, sich in einem betrieblichen oder privaten Zusatzversorgungssystem zu engagieren. Hiergegen wendet sich § 82 Abs. 4 SGB XII. Er führt insoweit einen Freibetrag ein. Mit seiner Hilfe soll ein gesamtgesellschaftliches Signal gesetzt werden, „dass sich freiwillige Altersvorsorge in jedem Falle lohnt“. Bei der Grundsicherung bleibt nun ein Sockelbetrag von 100 Euro aus einer zusätzlichen Altersvorsorge des Leistungsberechtigten – welcher Art auch immer – zzgl. 30% des diesen Betrag übersteigenden Versorgungseinkommens außer Betracht. Aufgrund der Einfügung einer Obergrenze von 50% der Regelbedarfsstufe 1 der Anlage zu § 28 SGB XII wird ein Leistungsberechtigter derzeit bis zu 202 Euro als Freibetrag geltend machen können.
Bei der betrieblichen Riester-Rente bestand seit dem Jahre 2004 dadurch ein Verbreitungshindernis, weil diese in der Auszahlungsphase der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterlag, obwohl sie aus bereits verbeitragtem Nettoentgelt gespeist war. Durch eine Änderung in § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V wird dieses Hindernis beseitigt und im wirtschaftlichen Ergebnis eine Gleichstellung mit der privaten Riester-Rente herbeigeführt.
Schließlich wird das Einkommensteuergesetz zugunsten insbesondere der Geringverdiener dadurch verändert, dass die Altersvorsorgezulage nach den §§ 10a, 79, 84 Satz 1 EStG, die sich derzeit auf 154 Euro beläuft, nach einer Änderung des § 84 Satz 1 EStG ab dem 01.01.2018 auf 175 Euro erhöht wird.
E. Fazit
Manche Kritik an den Neuregelungen durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz geht dahin, man habe keinen großen Wurf gelandet oder sei auf halbem Weg stehen geblieben. Eine derart anspruchsvolle Kritik muss man nicht teilen. Das Gesetz geht neue Wege und man sollte dem eine Chance geben.
(Bepler, jurisPR-ArbR 27/2017 Anm. 1)