Nachfolgend ein Beitrag vom 22.8.2018 von Hamann, jurisPR-ArbR 34/2018 Anm. 2

Orientierungssätze zur Anmerkung

1. Die arbeitsvertraglich eingeräumte Möglichkeit, einen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Dienstwagen auch für Privatfahrten nutzen zu dürfen, ist eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung.
2. Wird diese Gegenleistungspflicht im Rahmen eines Formulararbeitsvertrages unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt, bedarf es einer näheren Beschreibung des Widerrufsgrundes, der auch das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der Leistung berücksichtigt.
3. Eine Vertragsklausel, die den Arbeitgeber u.a. berechtigt, die Dienstwagengestellung „aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“ zu widerrufen, ist ohne nähere Konkretisierung des aus dieser Richtung kommenden Widerrufsgrundes zu weit gefasst. Nicht jeder Grund, der wirtschaftliche Aspekte betrifft, ist ein anzuerkennender Sachgrund für den Entzug der Dienstwagennutzung und der damit verbundenen privaten Nutzungsmöglichkeit. Für den Arbeitnehmer ist es typisierend betrachtet unzumutbar, die Entziehung hinzunehmen, wenn der Dienstwagen für die auszuübende Tätigkeit gebraucht wird und kostengünstigere Alternativen nicht vorhanden sind.
(Leitsätze der Parallelentscheidung LArbG Hannover, Urt. v. 28.03.2018 – 13 Sa 305/17)

A. Problemstellung

Nicht selten werden Arbeitnehmern im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Dienstwagen zur Verfügung gestellt, die auch privat genutzt werden dürfen. Dabei behält sich der Arbeitgeber regelmäßig vor, die Dienstwagengestellung zu widerrufen. Ein solcher Widerrufsvorbehalt unterliegt der Kontrolle anhand der §§ 305 ff. BGB. Mit den daran zu stellenden Anforderungen hatte sich das LArbG Hannover zu befassen.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Parteien streiten über den Widerruf eines auch zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagens. In einer Anlage zum Arbeitsvertrag war vereinbart, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Dienstwagen nach Wahl des Arbeitgebers zur Verfügung stellt. Dieser sollte auch privat genutzt werden dürfen. Der Arbeitgeber behielt sich vor, die Dienstwagengestellung jederzeit für die Zukunft aus sachlichen Gründen, insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens, der Leistung oder des Verhaltens des Arbeitnehmers, zu widerrufen, sofern dies dem Arbeitnehmer zumutbar ist. Sachliche Gründe sollten insbesondere sein:
– Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung,
– Wegfall der tatsächlichen Arbeitsleistung nach Ablauf etwaiger Entgeltfortzahlungszeiträume,
– Ruhen des Arbeitsverhältnisses,
– Verlust der Fahrerlaubnis oder Fahrverbot,
– Durchführung von Wartungs- und Reparaturarbeiten bzw. Ersatzbeschaffung,
– Änderung der Arbeitsaufgabe.
Ein Anspruch auf Entschädigung für die entfallende private Nutzungsmöglichkeit für den Fall des Widerrufs sollte nicht bestehen.
Nachdem der Arbeitgeber im Geschäftsjahr 2014 und 2015 hohe Verluste erwirtschaftet hatte, entschied sich die Arbeitgeberin im Juni 2016, künftig Poolfahrzeuge einzusetzen, die nur zu dienstlichen Zwecken genutzt werden durften. Mit Schreiben vom 06.06.2016 widerrief sie die Dienstwagengestellung „wegen der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“ mit Wirkung zum 30.06.2016. Der Kläger gab daraufhin den Dienstwagen zum 15.07.2016 zurück. Mit der vorliegenden Klage verlangt er die Überlassung eines Dienstwagens und die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung.
Die Klage war zweitinstanzlich vor dem LArbG Hannover erfolgreich.
Die Ausübung des Widerrufs sei unwirksam, da der Widerrufsvorbehalt gegen das Klauselverbot in § 308 Nr. 4 BGB verstoße. Ein Änderungsvorbehalt im Sinne der Vorschrift müsse so gefasst sein, dass er nicht zur Rechtfertigung unzumutbarer Änderungen dienen könne. Das wiederum setze voraus, dass der Widerrufsgrund in der Klausel so konkret angegeben sei, dass der Arbeitnehmer erkennen könne, unter welchen Voraussetzungen er mit einem Widerruf rechnen müsse (BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 29). Bei den Widerrufsgründen müsse zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll. Der Grad der Störung (wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, negatives wirtschaftliches Ergebnis, unterdurchschnittliche Leistungen des Arbeitnehmers, schwerwiegende Pflichtverletzungen) müsse – je nach Lage der Dinge – konkretisiert werden (BAG, Urt. v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 Rn. 28).
Die Angabe „aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“ genüge hier dem Transparenzerfordernis nicht. Bei der Gestellung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung handelte es sich um eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Werde eine solche Leistungspflicht unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt, bedürfe es einer näheren Beschreibung des Widerrufsgrundes. Die Formulierung „wirtschaftliche Entwicklung“ könne eine wirtschaftliche Notlage, Verluste oder bereits einen Gewinnrückgang ebenso wie rückläufige Umsätze oder das Nichterreichen einer erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung umfassen. Nicht jeder der möglichen Gründe rechtfertige aber den Entzug des Dienstwagens und der damit verbundenen privaten Nutzungsmöglichkeit. Denn die private Nutzungsmöglichkeit wirke sich für den Arbeitnehmer täglich aus. Er sei ggf. gezwungen, erhebliche Kosten für die Anschaffung eines eigenen Fahrzeugs aufzubringen.
Da es bereits an einem hinreichend konkretisierten sachlichen Grund für den Entzug des Dienstwagens fehle, sei es unerheblich, dass der Sachwert der privaten Nutzungsmöglichkeit weniger als 25% der Gesamtvergütung betrug. Desgleichen irrelevant sei, ob im Zeitpunkt des Widerrufs objektiv ein Grund vorlag, der den Widerruf hätte rechtfertigen können. Bei der Angemessenheitskontrolle sei nicht auf die Gründe abzustellen, aus denen das Widerrufsrecht im konkreten Fall erfolge, sondern auf die Möglichkeiten, die das vorformulierte Widerrufsrecht dem Arbeitgeber einräume. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung lehnt das Landesarbeitsgericht schließlich eine geltungserhaltende Reduktion der zu weit gefassten Widerrufsklausel ab.

C. Kontext der Entscheidung

Das Urteil des LArbG Hannover reiht sich in die bisherige Rechtsprechung zum Widerruf eines auch zur privaten Nutzung überlassenen Dienstfahrzeugs ein. Kontrollmaßstab für einen Widerrufsvorbehalt ist § 308 Nr. 4 BGB (Änderungsvorbehalt) als im Verhältnis zu § 307 BGB speziellere Norm, wobei das BAG jedoch die Wertungen des § 307 BGB heranzieht und außerdem gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen sind (BAG, Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 651/10 Rn. 16; BAG, Urt. v. 24.01.2017 – 1 AZR 774/14 Rn. 17). In formeller Hinsicht müssen die widerrufbare Leistung genau bezeichnet und die Gründe für ihren Widerruf hinreichend konkret angegeben werden. Obwohl das BAG diese Anforderungen aus § 308 Nr. 4 BGB ableitet (z.B. BAG, Urt. v. 24.01.2017 – 1 AZR 772/14 Rn. 14 – BAGE 158, 44), handelt es sich der Sache nach um das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Bonin in: Däubler/Bonin/Deinert, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2014, § 308 BGB Rn. 32). In materieller Hinsicht findet dann die Zumutbarkeitsprüfung des § 308 Nr. 4 BGB statt. Die Zumutbarkeit des Widerrufs beurteilt sich anhand einer Interessenabwägung, wobei Art und Höhe der Leistung, die widerrufen werden soll, die Höhe des verbleibenden Verdienstes und die Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen maßgebliche Kriterien sind (BAG, Urt. v. 24.01.2017 – 1 AZR 774/14 Rn. 22).
In der Praxis scheitert ein Widerrufsvorbehalt nicht selten daran, dass der Widerrufsgrund in der Vertragsklausel schon nicht hinreichend konkret angegeben ist. Das BAG stellt im Ausgangspunkt zwar jeweils denselben rechtlichen Obersatz auf: Es müsse zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll, z.B. wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers (BAG, Urt. v. 12.01.2005 – 5 AZR 364/04 Rn. 28 – BAGE 113, 140; BAG, Urt. v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 Rn. 28, 33 f.; BAG, Urt. v. 20.04.2011 – 5 AZR 191/10 Rn. 10; BAG, Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 651/10 Rn. 16; BAG, Urt. v. 24.01.2017 – 1 AZR 772/14 Rn. 14; allg. auf einen sachlichen Grund abstellend BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 29). Die pauschale Angabe der Richtung reicht jedoch nicht aus. Sie bedürfe – so das BAG (Urt. v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 Rn. 28) – je nach Lage der Dinge weiterer Konkretisierung. Allgemein formuliert das BAG, der Sachgrund müsse in der Klausel in einer Weise konkretisiert werden, die für den Arbeitnehmer deutlich macht, was ggf. auf ihn zukommt (BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 29; BAG, Urt. v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 Rn. 28).
Als hinreichend bestimmt angesehen hat das BAG die Klausel: „Der Arbeitgeber behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird“ (BAG, Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 651/10). Die Klausel: „Geschäftsfahrzeuge werden zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung gestellt … soweit dies unter Markt und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist … Fallen die Voraussetzungen für die Überlassung des Geschäftsfahrzeugs weg, hat der jeweilige Entscheider dafür Sorge zu tragen, dass die Überlassung des Geschäftsfahrzeugs widerrufen wird“ hielt das BAG für unwirksam, weil sie nicht hinreichend zwischen verschiedenen möglichen Widerrufsgründen unterscheide (BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 36). Ein Widerruf könne auf jeden Grund gestützt werden, der Marktaspekte oder wirtschaftliche Gesichtspunkte betreffe und es aus Sicht des Arbeitgebers nicht mehr sinnvoll mache, den Dienstwagen zu überlassen.
Im gegebenen Fall hatte der Arbeitgeber die allgemeinen Widerrufsanlässe zwar weiter konkretisiert. Da aber keine der Konkretisierungen einschlägig war, blieb nur der Widerruf aufgrund der „wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens“. Diesen Widerrufsgrund sah das LArbG Hannover zu Recht als zu unbestimmt an. Auch der Zusatz „sofern dies dem Arbeitnehmer zumutbar ist“ ändert daran nichts, weil lediglich der Gesetzeswortlaut wiedergegeben wird.

D. Auswirkungen für die Praxis

In der Praxis ist darauf zu achten, die Anlässe für einen Widerruf des auch zur Privatnutzung überlassenen Dienstfahrzeugs (wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers, Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers) zu konkretisieren, um dem Transparenzgebot zu genügen. Da der Widerruf für den Arbeitnehmer zumutbar sein muss (§ 308 Nr. 4 BGB), sind die Widerrufsgründe selbst auf die Fälle zu beschränken, in denen ein anzuerkennender Sachgrund besteht, die Dienstwagenüberlassung zu widerrufen und die Privatnutzung damit einzustellen. Es muss ein innerer Zusammenhang zwischen der Dienstwagennutzung und dem Widerrufsgrund bestehen. Weil die Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzungen Bestandteil des im Synallagma stehenden Arbeitsentgelts ist (BAG, Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 651/10 Rn. 15), ist der Widerrufsvorbehalt zumutbar, wenn der Arbeitnehmer ohne Entgelt beanspruchen zu können von der Arbeitspflicht befreit ist. Das trifft auf folgende Konstellationen zu:
– länger als sechs Wochen andauernde Arbeitsunfähigkeit,
– Ruhendstellung des Arbeitsverhältnisses.
Abgesehen davon ist der Widerrufsvorbehalt prinzipiell zumutbar, wenn der der Arbeitnehmer trotz bestehender Arbeitspflicht mit Vergütungsanspruch den Dienstwagen für die nach dem Arbeitsvertrag auszuübende Tätigkeit vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr benötigt. In Betracht kommen:
– Versetzung in den Innendienst, insbesondere als Folge einer Entziehung der Fahrerlaubnis oder Verhängung eines Fahrverbots,
– Freistellung nach Ausspruch einer Kündigung,
– Änderung der Arbeitsaufgabe.
Allgemeine wirtschaftliche Gründe rechtfertigen den Dienstwagenentzug dagegen nicht (BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 42 für den Fall, dass der Dienstwagen noch benötigt wird und die Kosten für ein Mietfahrzeug nicht geringer sind). Hinreichend wäre hingegen eine wirtschaftliche Notlage (vgl. BAG, Urt. v. 24.01.2017 – 1 AZR 774/14 Rn. 20; BAG, Urt. v. 24.01.2017 – 1 AZR 772/14 Rn. 15), infolge derer der Arbeitgeber zur Kostensenkung auf einen Dienstwagen-Pool ohne Privatnutzung umstellt. In diesem Fall darf der nach der 1%-Regelung zu bemessende Wert der Privatnutzung allerdings 25% der Gesamtvergütung nicht erreichen (BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 29).
Eine Ankündigungs- oder Ausübungsfrist muss in die Widerrufsvorbehaltsklausel nicht aufgenommen werden. Diese Gesichtspunkte sind im Rahmen der abschließenden Ausübungskontrolle in Betracht zu ziehen (BAG, Urt. v. 24.01.2017 – 1 AZR 772/14 Rn. 22; BAG, Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 651/10 Rn. 18). Das BAG hat z.B. den nach der fristgemäßen Eigenkündigung einer Arbeitnehmerin erfolgten Widerruf mit sofortiger Wirkung als unbillig angesehen, weil es sich um das einzige Fahrzeug der Arbeitnehmerin handelte und weil der sofortige Entzug steuerrechtliche Nachteile für sie hatte (BAG, Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 651/10 Rn. 23). Sie musste die Nutzung für den gesamten Monat versteuern, obwohl sie das Fahrzeug an 22 Tagen nicht mehr nutzen konnte. Der Widerruf habe zu einer spürbaren Minderung des Nettoeinkommens, im Fall 203 Euro, geführt.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

1. Das LArbG Hannover hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum BAG gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG mit der Begründung zugelassen, der Neunte Senat (Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09) stelle strengere Anforderungen an einen Widerrufsvorbehalt eines auch zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagens als der Fünfte Senat (Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 651/10). Tatsächlich hat der Fünfte Senat des BAG in früheren Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass der Grad der Störung (wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, nicht ausreichender Gewinn etc.) nur dann konkretisiert werden müsse, „wenn der Verwender hierauf abstellen will und nicht schon allgemein auf die wirtschaftliche Entwicklung, die Leistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers gestützte Gründe nach dem Umfang des Änderungsvorbehalts ausreichen und nach der Vertragsregelung auch ausreichen sollen“ (BAG, Urt. v. 12.01.2005 – 5 AZR 364/04 Rn. 36; BAG, Urt. v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 Rn. 28). In der Entscheidung vom 21.03.2012 ist der Fünfte Senat auf diese Rechtsprechung nicht näher eingegangen. Darin könnte eine Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung und eine Annäherung an die Entscheidung des Neunten Senats (Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09) zu sehen sein. Beide Senate gehen im Ansatz davon aus, dass der Widerrufsvorbehalt wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse notwendig sein muss (BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 30; BAG, Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 651/10 Rn. 17). Dass der Neunte Senat einen sachlichen Grund verlangt, der den Widerruf notwendig erscheinen lässt, während der Fünfte Senat die Notwendigkeit unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut „zumutbar“ ableitet, macht keine inhaltliche Divergenz aus. Beide Senate verlangen darüber hinaus, der Arbeitnehmer müsse anhand der Klausel erkennen können, was auf ihn zukommen könne (BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 31; BAG, Urt. v. 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 Rn. 28). Insbesondere lässt es der Neunte Senat (Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 31) wie der Fünfte Senat (Urt. v. 21.03.2012 – 5 AZR 651/10 Rn. 16) ausreichen, wenn in der Widerrufsklausel die Gründe typisiert benannt sind. Es erscheint daher zweifelhaft, ob die von dem LArbG Hannover behaupteten Divergenzen nach wie vor bestehen. Gleichwohl ist das BAG gemäß § 72 Abs. 3 ArbGG an die Revisionszulassung gebunden. Das Verfahren läuft unter dem Aktenzeichen 5 AZR 256/18. Der Fünfte Senat hat damit Gelegenheit, seinen Standpunkt zu verdeutlichen und möglichen Fehlinterpretationen ein Ende zu bereiten. Sollte der Fünfte Senat von der Rechtsprechung des Neunten Senats abweichen wollen und die Klausel im gegebenen Fall als hinreichend konkret ansehen, ist eine Vorlage an den Großen Senat angebracht (§ 45 Abs. 2 ArbGG).
2. Das LArbG Hannover hat dem Arbeitnehmer auch die begehrte Nutzungsausfallentschädigung zugesprochen. Erfolgt der Widerruf der Dienstwagengestellung auch zur privaten Nutzung zu Unrecht, begeht der Arbeitgeber eine Pflichtverletzung, die ihn gemäß § 280 Abs. 1 i.V.m. den §§ 283 Satz 1, 251 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet (BAG, Urt. v. 13.04.2010 – 9 AZR 113/09 Rn. 55). Für die Höhe des Anspruchs hat das Landesarbeitsgericht hier den Listenpreis des zuvor überlassenen Dienstwagens zugrunde gelegt. Darauf, dass die Beklagte ggf. das Recht gehabt hätte, ein geringwertigeres Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, komme es nicht an. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte im streitbefangenen Zeitraum von einem solchen Recht Gebrauch gemacht hätte.
Dem kann nicht zugestimmt werden. Das LArbG Hannover verkennt, dass die Beklagte keine Veranlassung hatte, dem Arbeitnehmer ein anderes Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Vielmehr ging die Beklagte davon aus, dass der Widerruf wirksam war. Nach der vertraglichen Vereinbarung wurde der Dienstwagen dem Arbeitnehmer nach Wahl des Arbeitgebers zur Verfügung gestellt. Ein Anspruch auf Überlassung eines bestimmten Dienstwagens bestand nicht. Dementsprechend liegt der Schaden des Arbeitnehmers auch nicht darin, dass ihm sein bisheriger Dienstwagen vorenthalten, sondern darin, dass ihm überhaupt kein Dienstwagen zur Verfügung gestellt wurde. Wenn nun der Arbeitgeber die Möglichkeit gehabt hätte, dem Arbeitnehmer ein geringwertigeres Fahrzeug zur Verfügung zu stellen, so ist dies sehr wohl bei der Schadenshöhe zu berücksichtigen. Die Möglichkeit, eine unbillige Leistungsbestimmung des Arbeitgebers gemäß § 315 Abs. 3 BGB zu korrigieren, schlägt auf die Schadenshöhe durch. Es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG veranlasst sieht, dazu Stellung zu beziehen. Die richterliche Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB erfolgt auf der Grundlage des Parteivortrags. Sie muss nicht geltend gemacht werden und ist an keine prozessuale Darlegungs- und Beweislast gebunden (BAG, Urt. v. 03.08.2016 – 10 AZR 710/14 Rn. 30).

Unwirksamer Widerruf einer Dienstwagenüberlassung aus wirtschaftlichen Gründen
Carsten OehlmannRechtsanwalt
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