Nachfolgend ein Beitrag vom 2.5.2018 von Bissels/Falter, jurisPR-ArbR 18/2018 Anm. 5

Orientierungssatz zur Anmerkung

Der Kunde ist nicht verpflichtet, dem Personaldienstleister eine Vermittlungsprovision zu zahlen, wenn der Kunde mit dem an diesen überlassenen Zeitarbeitnehmer einen Arbeitsvertrag abschließt, nachdem der Personaldienstleister das mit dem Zeitarbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis gekündigt hat.

A. Problemstellung

Entscheidungen über die gerichtliche Durchsetzung der Zahlung einer Vermittlungsprovision an einen Personaldienstleister nach der Übernahme eines vorher bei dem Kunden eingesetzten Zeitarbeitnehmers durch selbigen sind selten. Dies mag daran liegen, dass entsprechende „Konflikte“ vor dem Hintergrund der oftmals laufenden Geschäftsbeziehungen nicht vor den Gerichten geklärt werden, sondern in der Praxis regelmäßig eine für beide Parteien vertretbare „wirtschaftliche Lösung“ gefunden wird, die u.a. einen Verzicht des Personaldienstleisters auf die an sich vertraglich vereinbarte Vermittlungsprovision oder deren (erhebliche) Reduktion – möglichweise gegen die Zusage des Kunden auf die Abnahme bestimmter „Kontingente“ oder „Volumina“ – bedeuten kann.
Vor diesem Hintergrund ist eine aktuelle Entscheidung des LG Braunschweig interessant, das sich damit befassen musste, ob das Zeitarbeitsunternehmen die Zahlung einer in AGB vereinbarten Vermittlungsprovision vom Kunden beanspruchen kann, nachdem dieser ein Arbeitsverhältnis mit dem überlassenen Mitarbeiter begründet hat, das vorher vom Personaldienstleister gekündigt worden war. Im Ergebnis hat das Landgericht einen solchen Anspruch verneint.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Personaldienstleister X und das später beklagte Kundenunternehmen Y schlossen einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. In den von dem Personaldienstleister in diesem Zusammenhang gestellten AGB heißt es in Ziff. 15:
„Kommt es während der Dauer eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages zwischen dem Entleiher oder eines mit ihm rechtlich oder wirtschaftlich verbunden Unternehmens und dem Mitarbeiter von X zum Abschluss eines Arbeitsvertrages, gilt dies unwiderleglich als Personalvermittlung. Eine Vermittlung liegt auch dann vor, wenn der Entleiher oder ein mit ihm rechtlich oder wirtschaftlich verbundenes Unternehmen innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung der Überlassung mit dem Mitarbeiter einen Arbeitsvertrag schließt. Dem Entleiher bleibt in diesem Fall der Nachweis vorbehalten, dass der Abschluss des Arbeitsvertrages nicht auf der vorangegangenen Überlassung beruht. X hat in beiden Fällen Anspruch auf Zahlung einer Vermittlungsprovision gegenüber dem Entleiher. […]“
Der Arbeitnehmer Z wurde von Dezember 2016 bis Februar 2017 mehrfach im Betrieb des Beklagten eingesetzt. Mit Schreiben vom 20.02.2017 kündigte die Klägerin das mit Z bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.03.2017. Im März 2017 schloss der Beklagte mit Z einen Arbeitsvertrag. Die daraufhin von der Klägerin dem Beklagten in Rechnung gestellten Personalvermittlungskosten wurden – trotz zwei schriftlicher Aufforderungen – nicht gezahlt. Der Beklagte ist der Meinung, dass der Klägerin aufgrund der vorherigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem sodann übernommenen Arbeitnehmer keine Personalvermittlungskosten zustehen würden.
Das LG Braunschweig hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung der Vermittlungsprovision gemäß Ziff. 15 der AGB. Die Klausel regele den Anspruch des Personaldienstleisters auf Vergütung, soweit der Arbeitnehmer während der Überlassung oder im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dieser vom Kunden übernommen werde. Grundsätzlich könne eine derartige Bestimmung zwar wirksam sein (vgl. BGH, Urt. v. 11.03.2010 – III ZR 240/09; BGH, Urt. v. 10.11.2011 – III ZR 77/11), im vorliegenden Fall liege allerdings – nach einer Auslegung der vertraglichen Regelung – keine Übernahme i.S.v. Ziff. 15 der AGB vor, da die Klägerin das Arbeitsverhältnis zu dem übernommenen Zeitarbeitnehmer bereits vor Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen dem Beklagten und Z gekündigt habe.
Eine Übernahme setze vom Wortlaut voraus, dass eine Person von einer anderen direkt etwas erhalte bzw. sich direkt nehme. Demnach erfordere eine Übernahme im Sinne der Arbeitnehmerüberlassung, dass der Kunde den Zeitarbeitnehmer gerade aus dem Arbeitsverhältnis zum Personaldienstleister übernehme. Kündige das Zeitarbeitsunternehmen jedoch den Vertrag zum Zeitarbeitnehmer und suche sich dieser daraufhin eigenständig eine neue Arbeitsstelle, könne keine Rede von einer Übernahme sein. Ein verständiger und redlicher Vertragspartner würde davon ausgehen, dass der Personaldienstleiser kein Interesse mehr an dem weiteren Werdegang des Zeitarbeitnehmers habe und demnach keine finanziellen Ansprüche mehr geltend mache.
Auch der Sinn und Zweck der Vergütungsregelung spreche für diese Auslegung des Begriffs „Übernahme“. Grundsätzlich solle die Vergütung der teilweise Ausgleich dafür sein, dass es zu einem ungeplanten Wechsel des Zeitarbeitnehmers zum Kunden gekommen sei, der erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Personaldienstleister bringen könne (BGH, Urt. v. 10.11.2011 – III ZR 77/11). Solche lägen aber gerade dann nicht vor, wenn das Zeitarbeitsunternehmen von sich aus das Arbeitsverhältnis gekündigt habe, denn in einem solchen Fall müsse dieses sich ebenfalls selbst um Ersatz bemühen, ohne hierfür eine Kompensation zu erhalten. Des Weiteren liege kein ungeplanter Wechsel vor. Kündige der Personaldienstleister das mit dem Zeitarbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis, müsse dieser davon ausgehen, dass sich der Mitarbeiter eine neue Arbeitsstelle suchen werde. Ob dies bei einem vormaligen Kunden oder einem unbeteiligten Dritten erfolge, sei dabei unerheblich.
Die Erstreckung einer Übernahme auf ein bereits durch den Personaldienstleister gekündigtes Arbeitsverhältnis würde darüber hinaus zu einer Unwirksamkeit von Ziff. 15 der AGB führen. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 HS. 1 AÜG seien Vereinbarungen unwirksam, die es dem Kunden untersagten, den Zeitarbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Personaldienstleister nicht mehr bestehe. Dieses Verbot erstrecke sich auch auf Vereinbarungen zwischen dem Zeitarbeitsunternehmen und dem Kunden, die den Wechsel des Arbeitnehmers zu diesem verhinderten oder wesentlich erschwerten. Hierunter könnten grundsätzlich Vermittlungsprovisionen fallen, die sich der Verleiher vom Entleiher im Falle der Übernahme versprechen lasse (BGH, Urt. v. 03.07.2003 – III ZR 348/02; BGH, Urt. v. 11.03.2010 – III ZR 240/09; BGH, Urt. v. 10.11.2011 – III ZR 77/11). Seit dem 01.01.2004 sei zwar in § 9 Abs. 1 Nr. 3 HS. 2 AÜG vorgesehen, dass die Unwirksamkeitsfolge aus Halbsatz 1 die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung für die nach einer vorangegangenen Überlassung erfolgende Übernahme nicht ausschließe. Diese Bestimmung führe vorliegend jedoch zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Die Regelung sei durch den Gesetzgeber in das AÜG aufgenommen worden, da dieser eine Übernahme des Zeitarbeitnehmers grundsätzlich als sozialpolitisch erwünscht und damit honorarwürdig angesehen habe (BT-Drs. 15/6008, S. 11). Der Gesetzgeber habe durch die Einführung des 2. Halbsatzes der Tatsache Rechnung tragen wollen, dass eine entgeltliche Arbeitsvermittlung eine erlaubte Tätigkeit darstelle und eine Arbeitnehmerüberlassung häufig mit dem Ziel der Personalgewinnung erfolge (BT-Drs. 15/1749, S. 29). § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG unterscheide auch nicht danach, ob das Arbeitsverhältnis durch den Personaldienstleister oder den Zeitarbeitnehmer beendet worden sei. Das Gesetz spreche undifferenziert nur von einem beendeten Arbeitsverhältnis.
Aufgrund der unterschiedlichen Konsequenzen für den Zeitarbeitnehmer sei das Gesetz jedoch dahingehend auszulegen, dass nur der Fall, dass dieser das Arbeitsverhältnis selbst kündige, erfasst sei. Der Gesetzgeber wolle es dem Mitarbeiter durch die Einführung des 2. Halbsatzes nicht erschweren, eine andere Arbeitsstelle zu finden. Dies ergebe sich zum einem aus dem Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG, nach dem das Recht des Arbeitnehmers auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nicht beeinträchtigt werden solle (BT-Drs. 15/1749, S. 29). Zum anderen spiegele sich die Intention in der Gesetzesbegründung wieder, nach der die vereinbarte Vergütung angemessen sein müsse, damit der sozialpolitisch gewünschte Wechsel nicht erschwert werde (BT-Drs. 15/6008, S. 11). Könne der Personaldienstleister sogar nach der Kündigung des mit dem Zeitarbeitnehmers bestehenden Arbeitsverhältnisses für danach geschlossene Arbeitsverträge mit einem vormaligen Kunden eine Provision verlangen, würde dies faktisch zu einer Beeinträchtigung der Arbeitsplatzsuche führen. Es wäre zu befürchten, dass der Zeitarbeitnehmer, der aufgrund der (arbeitgeberseitigen) Kündigung zwingend auf eine neue Anstellung angewiesen sei, aufgrund einer möglichen vom Personaldienstleister geforderten Provision bei der Suche erheblich beschränkt wäre. Er müsste davon ausgehen, dass er bei Arbeitgebern, bei denen er in den Monaten zuvor tätig gewesen sei, eine deutlich erschwerte Chance auf Einstellung habe, da der potentielle Arbeitgeber sich bei einer anderen Auslegung der Bestimmung einem möglichen Provisionsanspruch durch den Personaldienstleister ausgesetzt sehen würde. Ein solcher, der je nach Verdienst des Arbeitnehmers nicht notwendig geringfügig ausfallen müsse, sei grundsätzlich dazu geeignet, dass der potentielle Arbeitgeber von einer Einstellung absehen oder anderen Bewerbern den Vorzug geben werde.
Der hiesige Fall sei auch nicht mit dem Regelfall vergleichbar, den der Gesetzgeber bei der Einfügung der 2. Halbsatzes in § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG vor Augen gehabt haben dürfte, nämlich dass der Zeitarbeitnehmer ohne vorherige Kündigung durch den Personaldienstleister zum Kunden wechsele. Regelmäßig habe der Zeitarbeitnehmer einen gesicherten Arbeitsplatz, denn er werde das Arbeitsverhältnis nicht kündigen, bevor er eine Vereinbarung mit dem Kunden über seine Anstellung geschlossen habe. Er sei dadurch in der Lage, seinen Lebensunterhalt – im besten Fall ohne Unterbrechung – eigenständig zu finanzieren. Vorliegend müsse der Zeitarbeitnehmer jedoch befürchten, dass er nach Ablauf der Kündigungsfrist in die Arbeitslosigkeit falle. Die (etwaige) Beanspruchung von staatlicher Unterstützung habe für den Zeitarbeitnehmer drastische soziale und wirtschaftliche Konsequenzen, so dass eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fälle angezeigt sei.
Für die Angemessenheit dieser Differenzierung spreche ebenfalls der bereits erläuterte Sinn und Zweck der Vermittlungsvergütung. Müsse der Personaldienstleister keinen wirtschaftlichen Nachteil hinnehmen, gebe es auch keinen solchen, der durch die Vergütungsregelung kompensiert werden müsse. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass die Vermittlungstätigkeit an sich bereits durch die Überlassung des Zeitarbeitnehmers durchgeführt worden sei. Als Vermittlungstätigkeit müsse dabei grundsätzlich jede Tätigkeit angesehen werden, die zu einer Kontaktmöglichkeit zwischen dem Kunden und dem Zeitarbeitnehmer führe (OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.10.2014 – 1 U 113/13). Allerdings müsse dieser Umstand hinter dem sozialpolitischen Zweck, dass der gekündigte Zeitarbeitnehmer schnell und ohne Erschwernisse durch seinen vormaligen Arbeitgeber eine neue Arbeitsstelle finden könne, zurücktreten. Der Schutz des Zeitarbeitnehmers vor einem sozialen Abstieg überwiege die Interessen des Personaldienstleisters an einer Vergütung – insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Personaldienstleister für die vormalige Überlassung bereits ein Entgelt von dem Kunden erhalten habe.

C. Kontext der Entscheidung

Die Entscheidung des LG Braunschweig überzeugt weder in der Begründung noch im Ergebnis. Zwar kann man aus materiellen Gerechtigkeitserwägungen sicherlich Verständnis dafür aufbringen, dass ein Personaldienstleister, der aus einem eigenen Entschluss den Arbeitsvertrag mit einem Zeitarbeitnehmer kündigt und damit die zukünftige Zusammenarbeit beendet, nicht noch ein Entgelt dafür erhalten soll, wenn ein Kunde den vormals an diesen überlassenen Mitarbeiter in ein Arbeitsverhältnis übernimmt. Es kann die Frage gestellt werden, warum der Personaldienstleister noch monetär entschädigt werden soll, wenn der Zeitarbeitnehmer durch die vorher ausgesprochene arbeitgeberseitige Kündigung so oder so aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden wäre. Der Personaldienstleister verliert durch die Übernahme des Mitarbeiters also nichts, was er durch den Ausspruch der Kündigung nicht auch verlieren wollte. Ihm wird daher nicht unfreiwillig ein für ihn bedeutsames Wirtschaftsgut, nämlich die dem Kunden zu überlassende Arbeitskraft des Zeitarbeitnehmers, entzogen. Insoweit unterscheidet sich die Situation sicherlich von dem Fall, dass der Zeitarbeitnehmer „gegen den Willen des Personaldienstleisters“, u.a. nach einer Eigenkündigung, vom Kunden übernommen wird und dadurch bei dem Zeitarbeitsunternehmen „eine Lücke gerissen wird“, die dieses im Zweifel durch eigene Recruitmentbemühungen ausgleichen müsste.
Selbst wenn das Ergebnis, dem Personaldienstleister – trotz dieser Erwägungen – eine Vermittlungsprovision zuzusprechen, als „ungerecht“ oder „unrichtig“ empfunden wird, kann dieses nicht der Treiber für eine Entscheidung und deren Herleitung sein. Maßgeblich für die Bewertung der Frage, ob ein Zahlungsanspruch besteht oder nicht, sind zunächst die maßgeblichen und in der Folge auszulegenden Rechtsgrundlagen/-quellen, vorliegend die zwischen den Parteien geltenden und vom Personaldienstleister gestellten AGB sowie § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG. In diesem Zusammenhang macht es sich das LG Braunschweig allerdings etwas zu leicht.
Zunächst wird dabei der richtige Einstieg gewählt, nämlich Ziff. 15 der maßgeblichen AGB. Dort ist in der Tat ein Anspruch auf Zahlung einer Vermittlungsprovision vorgesehen, wenn „es während der Dauer eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages zwischen dem Entleiher […] und dem Mitarbeiter von X zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kommt.“ Diese insoweit zwischen den Parteien vereinbarten, anspruchsbegründenden Voraussetzungen sind jedoch zweifelsfrei erfüllt. Zwischen Z und dem beklagten Kunden wurde während der noch andauernden Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsvertrag geschlossen. Das LG Braunschweig bemüht in diesem Zusammenhang die Auslegung des Terminus „Übernahme in ein Arbeitsverhältnis“. Allein dieser Ansatz geht schon fehl, da die Parteien in den maßgeblichen AGB diesen überhaupt nicht verwendet haben. Das Landgericht löst sich bei der vorgenommenen Auslegung vom Wortlaut der verwendeten vertraglichen Bestimmung, deren Voraussetzungen aber klar erfüllt sind. Eine andersartige Auslegung, nämlich wie vom LG Braunschweig vorgenommen, kommt vorliegend auch nicht in Betracht, da die verwendete Klausel insoweit einer solchen nicht zugänglich ist, denn diese ist eindeutig und erfasst den Abschluss eines Arbeitsvertrags während der noch andauernden Überlassung. Mit keiner Silbe wird insoweit auf die vom LG Braunschweig bemühte „Übernahme“ abgestellt. Insoweit verfangen auch die vom Landgericht bemühten Ausführungen nicht; sie gehen vielmehr an der Sache vorbei, da diese von einem Wortlaut der Klausel ausgehen, den die Parteien ausdrücklich nicht verwendet haben.
Sodann prüft das LG Braunschweig (insoweit richtig), ob einer Vereinbarung über eine Vermittlungsprovision nicht § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG entgegenstehen könnte, und betont sodann, dass die Bestimmung eine Vergütung für eine Vermittlung nicht ausschließt, sondern in deren 2. Halbsatz sogar ausdrücklich gestattet. Das LG Braunschweig stellt sogar fest, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht danach unterscheidet, ob das Arbeitsverhältnis durch den Personaldienstleister oder den Zeitarbeitnehmer beendet worden ist. Maßgeblich ist – auch nach Ansicht des LG Braunschweig – nicht, ob eine Eigenkündigung oder eine arbeitgeberseitige Kündigung vorliegt. Zwar arbeitet das Landgericht auch hier etwas „unsauber“, da es bei § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG nicht auf ein beendetes, sondern auf ein nicht mehr bestehendes Arbeitsverhältnis ankommt. Darauf dürfte es im Ergebnis aber nicht ankommen, denn der vom LG Braunschweig in diesem Zusammenhang vorgenommenen Auslegung ist – unabhängig von der obigen Begrifflichkeit – nicht zu folgen.
Das Landgericht liest in § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG – ohne dass es dafür im Wortlaut der Bestimmung einen Ansatz gibt – hinein, dass eine Vermittlungsprovision nur zulässig sein soll, wenn der Zeitarbeitnehmer eine Eigenkündigung ausspricht. Begründet wird dies mit der Erwägung, dass ansonsten die Arbeitsplatzsuche des Zeitarbeitnehmers erheblich erschwert wird und dieser – sollte diese erfolglos sein – staatliche Unterstützung (sprich: Arbeitslosengeld) in Anspruch nehmen muss. Dieser Gedanke verfängt nicht, hat der Gesetzgeber doch durch § 9 Abs. 1 Nr. 3 HS. 2 AÜG abstrakt anerkannt, dass eine Vermittlungsprovision, die aufgrund der monetären Belastung des übernehmenden Kunden möglicherweise ein Hemmnis für eine Übernahme des Zeitarbeitnehmers darstellen kann, zunächst wirksam vereinbart werden kann.
Eine Differenzierung der Zulässigkeit einer solchen nach dem jeweiligen Beendigungstatbestand war vom Gesetzgeber nicht intendiert; Anhaltspunkte dafür lassen sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung ableiten. Vielmehr hätte der Gesetzgeber ausdrücklich in § 9 Abs. 1 Nr. 3 HS. 2 AÜG vorsehen müssen, dass eine Vermittlungsprovision ausgeschlossen sein soll, wenn das Arbeitsverhältnis mit dem Zeitarbeitnehmer durch oder zumindest auf Veranlassung des Personaldienstleisters beendet wird. Da dies nicht geschehen ist, ist daraus – e contrario – abzuleiten, dass eine Arbeitgeberkündigung die Zulässigkeit einer Vermittlungsprovision gerade nicht sperren soll. Fakt ist zudem, dass der Personaldienstleister durch die Überlassung des Zeitarbeitnehmers an den Kunden und den dadurch hergestellten Kontakt die Vermittlung überhaupt ermöglicht hat. Diese Dienstleistung kann sich das Zeitarbeitsunternehmen auch vergüten lassen, selbst wenn der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kunden und dem Zeitarbeitnehmer eine arbeitgeberseitige Kündigung vorausgegangen ist. Dem wird man nicht entgegenhalten können, dass die vorangegangene Überlassung nicht kausal für die Vermittlung gewesen ist, denn diese hat überhaupt erst ermöglicht, dass der Kunde den Zeitarbeitnehmer erproben und letztlich sodann in ein Arbeitsverhältnis übernehmen konnte. Die Beendigung des Arbeitsvertrages durch den Personaldienstleister ist dabei nur notwendige Voraussetzung, dass – ohne Ausspruch einer Eigenkündigung – überhaupt eine Übernahme durch den Kunden erfolgen konnte; dies „kostet“ ihn aber die Vermittlungsprovision.
Der vom LG Braunschweig sodann gezogene (und im Zweifel ergebnisbezogene) Schluss, dass der Schutz des Zeitarbeitnehmers vor einem sozialen Abstieg die Interessen des Personaldienstleisters an einer Vergütung überwiegen soll, findet im Gesetz keine Stütze und ist auch ansonsten nicht begründbar, setzt er auf einer schlichten und nicht belegbaren Annahme oder sogar einer schlichten Fiktion auf, dass der Anspruch auf die Zahlung einer Vermittlungsprovision nach einer Arbeitgeberkündigung für den Zeitarbeitnehmer tatsächlich einen sozialen Abstieg bedeutet bzw. bedeuten kann. Dies wird man eingedenk der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation wohl kaum behaupten können; der konkrete Fall belegt vielmehr das Gegenteil. Der Kunde hat sich trotz einer möglichen Zahlungspflicht nicht davon abhalten lassen, mit dem Zeitarbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis zu begründen, so dass der pauschale Vorrang der Interessen des Zeitarbeitnehmers an einer provisionsfreien Vermittlung nicht begründbar ist. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung der weiteren Erwägung des LG Braunschweig, nach der der Personaldienstleister für die vormalige Überlassung bereits ein Entgelt von dem Kunden erhalten hat. Hier ist natürlich zu beachten, dass der Kunde für die an den Personaldienstleister gezahlte Vergütung selbstverständlich eine Gegenleistung bezogen hat (nämlich die Nutzung der Arbeitskraft des überlassenen Zeitarbeitnehmers). Die Durchführung eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages ist für beide Parteien mit wechselseitigen Rechten und Pflichten verbunden, so dass dem Personaldienstleister im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit einer Vermittlungsprovision kaum vorgehalten werden kann, dass er für die (ordnungsgemäße) Leistungserbringung gegenüber dem Kunden seinerseits eine Gegenleistung (in Form einer Vergütung) erhalten hat.

D. Auswirkungen für die Praxis

Letztlich mag das Urteil des LG Braunschweig – insbesondere aufgrund seines m.E. deutlichen „Ergebnisbezugs“ – wenig überzeugend sein, es ist jedoch nun „in der Welt“, auch wenn es sich zunächst „nur“ um eine erstinstanzliche Entscheidung handelt. Personaldienstleister mögen sich vor diesem Hintergrund darauf einstellen, dass deren Kunden die Zahlung einer Vermittlungsprovision in der Zukunft mit den dortigen Erwägungen ablehnen werden, wenn und soweit die Übernahme des Zeitarbeitnehmers nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Dieser Umstand mag dann auch geeignet sein, die oftmals nur außergerichtlich geführten Verhandlungen über die Entstehung eines Zahlungsanspruchs argumentativ zugunsten des Kunden zu beeinflussen und den Personaldienstleister davon abhalten, eine gerichtliche Auseinandersetzung – zusätzlich verbunden mit einer Belastung der laufenden Kundenbeziehungen und entsprechender Kostenrisiken – zu suchen.
Um einen Streit zwischen den Parteien über einen Anspruch auf eine Vermittlungsprovision von vornherein auszuschließen, kann es geboten sein, dazu in der maßgeblichen Bestimmung eine ausdrückliche Regelung zu treffen, nach der ein solcher nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung nicht entsteht. Hierbei sollte aber sodann zwischen den Gründen differenziert werden, die zu einer solchen geführt haben. Mag dies bei betriebsbedingten Ursachen, die der Personaldienstleister selbst gesetzt hat, noch nachvollziehbar sein, ist dies bei verhaltensbedingten Gründen sicherlich nicht mehr begründbar, zumal es der Zeitarbeitnehmer dann in der Hand hätte, durch bewusst von ihm initiierte Vertragsverstöße eine kurzfristige Beendigung des Arbeitsverhältnisses (und den von ihm gewünschten Wechsel zum Kunden) zu provozieren und dem Personaldienstleister damit gleichzeitig – möglicherweise in bewusster Abstimmung zwischen Zeitarbeitnehmer und Kunden – seinen Anspruch auf Zahlung einer Vermittlungsprovision zu nehmen.
Eine entsprechend differenziert ausgestaltete Klausel kann auch vor dem Hintergrund geboten sein, dass die vom LG Braunschweig entwickelte Argumentation der zum Ausschluss der Vermittlungsprovision führenden Arbeitgeberkündigung auch unerwünschte „Fernwirkungen“ haben kann, selbst wenn der Zeitarbeitnehmer eine Eigenkündigung ausspricht, die nach bisher überwiegender Ansicht bei einer AGB-rechtlich zulässigen Gestaltung der Klausel im Übrigen zu einem entsprechenden Zahlungsanspruch geführt hätte. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass die von der Regelung – nach Auffassung des LG Braunschweig – betroffene unzulässige Konstellation bislang rechtmäßig erfasste Sachverhalte „infiziert“ – mit der Folge, dass ein Anspruch auf Vermittlungsprovision ausfallen kann, wenn zwar im konkreten Fall eine Eigenkündigung des Zeitarbeitnehmers vorliegt, der Kunde aber die Unzulässigkeit der Klausel in Gänze für sich reklamiert, da sich diese auch auf vermeintlich unzulässige Konstellationen bezieht (z.B. Provision nach Übernahme aufgrund einer Arbeitgeberkündigung).
„Blinder Aktionismus“ ist jedoch nicht angezeigt. Zunächst bleibt abzuwarten, ob der Fall aus Braunschweig in die Berufung gehen wird. Dort werden die Karten dann neu gemischt. Sollte die Entscheidung rechtskräftig werden oder sogar vom zuständigen Oberlandeslandesgericht bestätigt werden, muss jeder Personaldienstleister entscheiden, ob er auf Grundlage des m.E. nicht überzeugenden Urteils eine Anpassung der Klausel auf die Zahlung der Vermittlungsvergütung vornimmt. Das „konservative“ Zeitarbeitsunternehmen wird dies tun, um über eine klare und eindeutige Regelung zu verfügen, die im Zweifel geeignet ist, Diskussionen mit dem Kunden zu vermeiden. Etwas „mutigere“ Personaldienstleister können es freilich darauf ankommen lassen, müssen dann aber bereit sein, entsprechend „unangenehme“ Gespräche mit deren Kunden über das Ob einer Vermittlungsprovision zu führen; dazu sollte es auch gehören, etwaig streitige bleibende Ansprüche in letzter Konsequenz gerichtlich zu verfolgen.

Zahlung einer Vermittlungsprovision nach Kündigung des mit dem Zeitarbeitnehmer bestehenden Arbeitsverhältnisses durch den Personaldienstleister?
Andrea KahleRechtsanwältin

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