Nachfolgend ein Beitrag vom 30.3.2016 von Mauer, jurisPR-ArbR 13/2016 Anm. 4

Orientierungssätze zur Anmerkung

1. Die Verwendung einer Internet – Domain durch einen Arbeitnehmer die aus dem Namen des Arbeitgebers und dem Zusatz „-br“ besteht, verletzt weder Markenrechte des Arbeitgebers noch dessen Namensrecht nach § 12 BGB.
2. Die Verwendung einer Domain durch den Arbeitnehmer, die den Namen des Arbeitgebers zuzüglich eines eine Verwechslungsgefahr ausschließenden Zusatzes enthält, ist auch keine Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers.

A. Problemstellung

Dürfen Arbeitnehmer oder der Betriebsrat den Namen des Arbeitgebers mit einem Zusatz wie „-br“, „-Betriebsrat“ oder ähnliche, eine Verwechslung mit dem Arbeitgeber selbst ausschließende Zusätze als Internet – Domain benutzen?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, die Domain „ial-br.de“ zu nutzen.
Die Klägerin firmiert als „I a L GmbH“, abgekürzt „IAL“. Im Laufe des Rechtsstreits hat sie die Marke „IAL“ bei dem Deutschen Patent- und Markenamt für sich schützen lassen. Die Eintragung der Marke ist am 22.05.2012 erfolgt.
Der Beklagte ist Arbeitnehmer und vormaliges Betriebsratsmitglied der Klägerin. Er hatte die Domain „ial-br.de“ von einem inzwischen ausgeschiedenen Arbeitskollegen übernommen, der diese auf seinen Namen hatte registrieren lassen. Die Domain wurde zunächst vom Wahlvorstand genutzt, seitdem vom Betriebsrat.
Die unter dieser Domain abrufbare Homepage ist nur nach Eingabe eines Passworts einsehbar. Das Passwort wird allen Mitarbeitern der Klägerin mitgeteilt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei zur Nutzung der Domain „www.ial-br.de“ nicht befugt. Dadurch würden ihre Namensrechte verletzt. Außerdem sei der Beklagte aufgrund der ihm obliegenden arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gehalten, die Nutzung der Domain zu unterlassen. Der Betriebsrat habe kein berechtigtes Interesse an der Verwendung der Domain. Er könne über die im Intranet für ihn eingerichtete Seite mit den Mitarbeitern kommunizieren.
Die Klägerin verfolgt im Klageverfahren ihre Unterlassungsansprüche gegen den beklagten Arbeitnehmer und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 100.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im Verkehr im „Internet“ den Domain-Namen „ial-br.de“ zu benutzen und/oder benutzen zu lassen und/oder an Dritte zu übertragen und/oder diesen Domain-Namen reserviert zu halten; außerdem soll er verurteilt werden, die Domain bei der DE-NIC löschen zu lassen.
Die Klage der Arbeitgeberin war in allen Instanzen erfolglos (LArbG Köln, Urt. v. 06.05.2013 – 2 Sa 62/13; ArbG Köln, Urt. v. 12.12.2012 – 20 Ca 3689/12).
Betreffend den Markenschutz stellt das BAG zunächst klar, dass eine Verletzung von § 14 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 MarkenG nicht in Betracht kommt, da der Beklagte den Domain-Namen „ial-br.de“ nicht im geschäftlichen Verkehr nutzt. Hierzu nimmt der Siebte Senat Bezug auf eine hierzu grundlegende Entscheidung des BGH (Urt. v. 24.04.2008 – I ZR 159/05 Rn. 12). Danach kommt eine Markenrechtsverletzung nur dann in Betracht, wenn der Nutzer die Marke oder eine verwechslungsfähige Abwandlung selbst geschäftlich nutzt. Dies schied vorliegend aus, da unter der Domain nur eine inhaltsleere Internetseite auffindbar ist, die zur Eingabe eines Passwortes auffordert. Dies stelle keine geschäftliche Nutzung dar.
Im Anschluss an die zuvor zitierte Entscheidung des BGH folgt das BAG dessen Rechtsauffassung zum Namensrechtsschutz nach § 12 BGB. Danach kann auch dann, wenn – wie vorliegend – ein Firmenname Markenrechtsschutz genießt, eine Verletzung des subsidiär geschützten Namensrechts nach § 12 BGB vorliegen. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Name von dem Dritten nicht geschäftlich genutzt wird, so wie im vorliegenden Fall.
Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, kann der Berechtigte von dem anderen nach § 12 Satz 1 BGB Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er nach § 12 Satz 2 BGB auf Unterlassung klagen. Im Anschluss an den BGH (Urt. v. 22.11.2001 – I ZR 138/99 – BGHZ 149, 191, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.) stellt der Senat klar, dass § 12 BGB auch die Firma oder einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil einer Gesellschaft oder eines einzelkaufmännischen Unternehmens schütze. Auch einer Domain könne nach gefestigter Rechtsprechung des BGH namensrechtliche Kennzeichnungskraft zukommen, da sie der Abgrenzung der unter dieser Adresse registrierten und sich präsentierenden Person oder Einrichtung von anderen Domaininhabern diene (BGH, Urt. v. 24.04.2008 – I ZR 159/05; BGH, Urt. v. 22.11.2001 – I ZR 138/99).
Vorliegend kam nach Auffassung des BAG nur eine Namensanmaßung i.S.v. § 12 Satz 1 Alt. 2 BGB in Betracht. Diese wäre gegeben, wenn ein Dritter, der kein Recht zur Namensführung hat, unbefugt den gleichen Namen gebrauche wie der zur Namensführung Berechtigte, er dadurch eine Zuordnungsverwirrung auslöse und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletze. Unter Hinweis auf weitere Urteile des BGH führt der Siebte Senat aus, dass die Voraussetzungen einer Namensanmaßung bei der Verwendung eines fremden Namens als Internetadresse im Allgemeinen erfüllt seien (so bereits BGH, Urt. v. 26.06.2003 – I ZR 296/00 – BGHZ 155, 273, zu II 1 b aa der Gründe, m.w.N.). Die Beeinträchtigung des Namensrechts durch die Registrierung eines Domain-Namens liege in der dadurch eintretenden Sperrwirkung, die es ausschließe, dass der Berechtigte unter seinem Namen als Teil der Internetadresse aufgefunden werde (vgl. BGH, Urt. v. 22.01.2014 – I ZR 164/12 Rn. 22, m.w.N.).
Da der Beklagte nicht allein den Namen der Klägerin nutzte, sondern diesen in Kombination mit dem Zusatz „-br“, stellte sich für den Senat die Frage nach der Verwechslungsgefahr für das Publikum. Maßgeblich sei, ob bei Vergleich beider Kennzeichen eine abstrakte Verwechslungsfähigkeit bestehe. Dies setze keine volle Übereinstimmung mit dem Namen des Berechtigten voraus. Es genüge vielmehr eine abstrakte Verwechslungsfähigkeit, die sich nach der Verkehrsanschauung beurteile. Eine Verwechslungsfähigkeit liege jedoch – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Urt. v. 17.01.1991 – I ZR 117/89, zu I 2 und 3 der Gründe) – nur vor, wenn prägende Bestandteile der Bezeichnung mit dem fremden Namen oder Kennzeichen identisch seien.
Dies sei vorliegend nicht der Fall. Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt hätten, sei aufgrund des Zusatzes „-br“ für den Internet-Nutzer erkennbar, dass es sich gerade nicht um die Firma IAL als solche handele, sondern um deren Betriebsrat. Aufgrund dessen würden durch die beanstandete Domain nicht die Namensrechte der klagenden Firma verletzt.
Dass der Beklagte als inzwischen ehemaliges Betriebsratsmitglied kein eigenständiges Interesse an dem Besitz der Domain darlegen könne, sei unerheblich. Insbesondere sei er zwar weder selbst Träger des Namens „IAL“ noch könne er sich auf schutzwürdige Interessen des Betriebsrats berufen, zumal er inzwischen aus dem Betriebsrat ausgeschieden sei. Der Gebrauch eines fremden Namens allein begründe jedoch keinen Unterlassungsanspruch nach § 12 Satz 2 BGB für jedermann. Vielmehr müssten hierdurch schutzwürdige Interessen des Namensträgers selbst verletzt sein. Daran aber fehle es vorliegend.
Es fehle auch an sonstigen Anspruchsgrundlagen für das Unterlassungsbegehren der Klägerin gegenüber dem beklagten Arbeitnehmer. Insbesondere sei auch nicht § 241 Abs. 2 BGB einschlägig. Allein in der Verwendung einer Domain durch den Arbeitnehmer, die den Namen des Arbeitgebers zuzüglich eines eine Verwechslungsgefahr ausschließenden Zusatzes enthält, liege keine Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers. Das Gebot der Rücksichtnahme erfordere es allerdings, dass der unter dem Domain-Namen betriebene Internetauftritt nicht dazu verwendet werde, Inhalte zu verbreiten, die die Belange der Klägerin beeinträchtigen oder deren Ansehen schaden könnten. Allerdings habe die Klägerin die Publikation derartiger Inhalte durch den Beklagten oder durch andere Betriebsratsmitglieder, Arbeitnehmer oder Dritte nicht behauptet.
Schließlich schieden auch Verletzungen des BDSG oder des Gebotes der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 BetrVG aus; letzteres deshalb, weil der Betriebsrat an dem Verfahren nicht beteiligt sei und der Beklagte inzwischen aus dem Betriebsrat ausgeschieden sei.

C. Kontext der Entscheidung

Die im Ergebnis ebenso wie in der Begründung überzeugende Entscheidung befasst sich vordergründig und primär mit namensrechtlichen Grundsätzen vor dem Hintergrund des Persönlichkeits- und Firmenschutzes nach § 12 BGB. Es geht zudem aber auch um tieferliegende Fragestellungen, die hier – mangels Beteiligung des Betriebsrates selbst – nur mittelbar angesprochen werden.
I. Die Frage des Namensschutzes stellt sich für Unternehmen zum einen gegenüber Dritten im Außenverhältnis, zudem aber auch gegenüber dem eigenen Betriebsrat und den Arbeitnehmern. Während Arbeitnehmer wie sonstige Dritte behandelt werden, wenn es zu Konflikten um das Namensrecht des Arbeitgebers kommt, ist die Frage, ob und wenn ja wie der Betriebsrat den Firmennamen des Arbeitgebers nutzen darf, eine bislang generell eher stiefmütterlich behandelte Frage und speziell im Domain-rechtlichen Sinne vorliegend erstmals entschieden worden.
Die vorliegend primär entscheidende Frage war allein die, ob eine verwechslungsfähige Namensanmaßung durch die Domain mit dem Zusatz „-br“ vorlag. Diese Frage wurde im Ergebnis zutreffend verneint. Während vorliegend noch weitere Besonderheiten hinzutraten, so die wenig prägende Kombination der Abkürzung „IAL“, die auch in anderen Domains verwendet wird, stellt sich die Frage der Verwechslungsfähigkeit bei Verwendung dieses Zusatzes generell. Der Zusatz „-br“ in Kombination mit einem Firmennamen hat für den gemeinen Internetnutzer – ohne Sichtung der Seite selbst – nach meiner Einschätzung entweder überhaupt keine erkennbare Bedeutung; dies weil ihm die Abkürzung „br“ bzw. „BR“ für Betriebsrat nicht geläufig ist und weil sonstige geläufige Bedeutungen der Abkürzung „BR“ mit einer normalen Firma keinen sinnvollen Zusammenhang ergeben, also insbesondere: Bayerischer Rundfunk und Brasilien. Für den Internet-Nutzer, dem die Abkürzung „BR“ für Betriebsrat bekannt ist, besteht umgekehrt damit genau keine Verwechslungsgefahr, da er den Betriebsrat von dem Unternehmen selbst zu unterscheiden weiß.
II. Die Verneinung eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot aus § 241 Abs. 2 BGB hat der Siebte Senat des BAG ebenfalls völlig zutreffend begründet: Erst negative Inhalte einer Internetseite, die über die Wahrnehmung berechtigter Interessen im Rahmen der Meinungsfreiheit hinausgehen oder diffamierende Domain-Zusätze (z.B. www.firmaxyz-ausbeuterladen.de), können zu einer solchen Rechtsverletzung zulasten des Arbeitgebers führen. Dies gilt für die Arbeitnehmer, die eine solche Seite verantwortlich betreiben.
III. Vorliegend war nicht zu entscheiden, ob ein Betriebsrat selbst überhaupt berechtigt ist, eine eigene Internetseite zu betreiben. Diese Frage wird überwiegend verneint, da entweder gar ein Anspruch auf eine eigene Homepage insgesamt verneint wird (Richardi/Thüsing, BetrVG, § 40 Rn. 91) oder aber nur beschränkt auf das Intranet bejaht wird (so bereits BAG, Beschl. v. 01.12.2004 – 7 ABR 18/04 Rn. 21, m. Anm. Bertzbach, jurisPR-ArbR 25/2005 Anm. 4; Wedde in: Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, § 40 Rn. 102; Fitting, BetrVG, § 40 Rn. 133; ebenso LArbG Frankfurt, Bewchl. v. 15.07.2004 – 9 TaBV 190/03 – RDV 2005, 170; ArbG Paderborn, Beschl. v. 29.01.1998 – 1 BV 35/97 – MMR 1998, 377, 378; a.A. im vorliegend zugrunde liegenden Rechtsstreit ArbG Köln, Urt. v. 12.12.2012 – 20 Ca 3689/12), ist aber höchstrichterlich noch ungeklärt. Demgegenüber wurde die Frage mittelbar berührt, ob ein Betriebsrat selbst einen Namensrechtsschutz und damit letztlich Grundrechtsschutz genießt (bejahend Richardi/Richardi, BetrVG, Einleitung Rn. 116 „begrenzte Grundrechtsfähigkeit“).
Dass der Betriebsrat im Rechtsverkehr, im Innen- wie Außenverhältnis, im Rahmen seiner Aufgaben auftreten kann, darf und auch muss, ist nicht streitig. Wie er auftreten kann und muss, ist hingegen nicht abschließend geklärt. Dass der Betriebsrat berechtigt ist, das Logo des Arbeitgebers zu verwenden, hat das LArbG Frankfurt bereits im Jahre 1973 entschieden (LArbG Frankfurt, Beschl. v. 28.08.1973 – 5 TaBV 66/73 – DB 1973, 2451; dem folgend ArbG Oberhausen, Beschl. v. 15.12.2010 – 1 BV 58/10). Allerdings muss ein Zusatz „Betriebsrat“ verwendet werden, der eine Verwechslung mit dem Arbeitgeber ausschließt.
Die vorliegende Entscheidung liegt auf derselben Linie: Wenn der Betriebsrat berechtigt ist, im Rechtsverkehr aufzutreten, dann muss es ihm erlaubt sein, das Unternehmen, dem er angehört, in seinem Namen zu führen. Die Bezeichnung eines Betriebsrates allein als Betriebsrat macht eine Identifikation unmöglich. Nur durch den Zusatz des Firmennamens, sei es in vollständiger Form, sei es abgekürzt, mit oder ohne Übernahme eines Logos der Firma, ist eine klare und eine Verwechslung ausschließende Eigenbezeichnung des Betriebsrates möglich. Dies dem Betriebsrat zu untersagen, steht dem Arbeitgeber nicht zu.
Der Betriebsrat ist damit selbst Namensträger i.S.d. § 12 BGB (so ausdrücklich die Vorinstanz, LArbG Köln, Urt. v. 06.05.2013 – 2 Sa 62/13 Rn. 25) und kann sich daher auch gegenüber Dritten wehren, wenn und soweit § 12 BGB verletzt wird.

D. Auswirkungen für die Praxis

Für Arbeitnehmer, die selbst Domains mit Namensbestandteilen des Arbeitgebers anmelden, bietet die Entscheidung Klarheit, dass dies erlaubt ist. Ob im Einzelfall eine Verwechslungsgefahr besteht, bleibt damit aber offen. Bei dem Zusatz „-br“ oder noch klarer „-Betriebsrat“ ist dies nach der Entscheidung des BAG jedoch grundsätzlich zu verneinen.
Für Betriebsräte ist namensrechtlich jetzt das Wesentliche geklärt. Noch nicht höchstrichterlich entschieden ist demgegenüber die Frage, ob der Betriebsrat generell, nur je nach den Umständen oder nur mit Zustimmung des Arbeitgebers eine eigene Internet-Seite betreiben darf. Diese Frage im Kontext von § 40 BetrVG bleibt also noch zu klären.