Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. September 2012 – 6 AZR 253/11 –
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Februar 2011 – 13 Sa 767/10 –
Bei grenzüberschreitenden Insolvenzen innerhalb der Europäischen Union kann nach der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 (EuInsVO) in dem Mitgliedstaat, in dem der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat (center of main interests/COMI), das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet werden. In diesem Fall gilt bis zur Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens für das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen in allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Ausnahme Dänemarks grundsätzlich das Recht des Staates, in dem das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet worden ist. Art. 10 EuInsVO macht davon für Arbeitsverhältnisse eine Ausnahme. Danach gilt für diese „ausschließlich“ das Recht des Mitgliedstaats, das nach dem internationalen Privatrecht auf den Arbeitsvertrag anzuwenden ist. Diese Bestimmung ist unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass bei Anwendbarkeit des deutschen Arbeitsrechts auch ein Administrator nach englischem Recht als Insolvenzverwalter iSd. § 125 InsO anzusehen ist und daher einen Interessenausgleich mit Namensliste abschließen kann, dem die Wirkungen des § 125 InsO zukommen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Im Geltungsbereich der EuInsVO ist ein Administrator, der in der vom englischen Insolvenzrecht vorgesehenen Weise für den Schuldner handelt, auch befugt, einen Interessenausgleich nach § 125 InsO abzuschließen. Nur mit dieser Auslegung lassen sich effiziente und wirksame grenzüberschreitende Insolvenzverfahren, wie sie Zweck der EuInsVO sind, sicherstellen.